24.04.2020

E-Mobilität – eine zündende Idee?

Es passiert selten: E-Autos, die brennen. In der gefühlten Wahrnehmung einiger entzünden sich Stromer hingegen häufig und lassen sich dann nicht mehr löschen. Liegt darin ein Fünkchen Wahrheit?

Es ist ein Mythos, der sich nur schlecht aus den Köpfen löschen lässt: E-Autos sind brandgefährlich und entzünden sich – einfach so! Doch Fakt ist: E-Autos geraten nicht häufiger in Brand als Verbrenner. Unter anderem wurzelt die falsche Wahrnehmung in einem spektakulären Unfall eines Tesla in Österreich im Jahr 2017. Die Bilder der Flammen liefen medial rauf und runter – weil es eben der erste Unfall dieser Art war. Die Bilder vermitteln bei vielen Skeptikern bis heute Unbehagen, das wir häufig auf unserer Facebook-Seite widergespiegelt bekommen. So schreibt uns John K.: „Würde man hier die Gefahrgutregeln kennen, dann wüsste man, auf was für einer Bombe man bei diesen Autos sitzt.“ Und auch Else K. lehnt E-Autos deutlich ab und schreibt: „E-Autos gehen in Flammen auf.“ Doch steckt in den Behauptungen der Kritiker auch ein Fünkchen Wahrheit?

Die Bauteile, Kraft- und Betriebsstoffe machen konventionelle Autos brandgefährlich

Der Verband der Bergungs- und Abschleppunternehmen berichtete zum Vorfall mit eben diesem Tesla bei Walchsee, dass das Batteriemodul nicht die Ursache des Brandes war. „Das Modul ist durch die Hitzeeinwirkung beschädigt worden, aber ist nicht in Brand geraten.“ Alles nur heiße Luft? „Ja, bisher ist es andersherum“, winkt Stadtbrandmeister der Feuerwehr Friedrichshafen Louis Laurösch ab und erklärt: „Der Prozentsatz der E-Autos am gesamten Fahrzeugbestand ist geringer. Darum sind 99 Prozent aller Fahrzeugbrände den Verbrennern zuzuordnen. Außerdem sind die Risiken aufgrund technischer Ursachen, die bei einem normalen Auto zu einem Brand führen können, höher.“ Motor, Auspuff, Katalysator, Kraftstoffe und Öle zählen zu den brandgefährlichen Elementen eines Verbrenner-Autos.

Batterien sind vor Feuer gut geschützt

Bei einem E-Fahrzeug fallen diese Komponenten weg und minimieren das Risiko. „Brennt das Auto doch, so ist das Batteriepaket so gut eingepackt und isoliert, dass es einem Brand relativ lange standhält. Das bedeutet, das Auto brennt ganz normal ab“, erklärt Laurösch und fügt hinzu: „Beim Benziner oder Dieselmotor haben wir das Problem, dass die Hitze in den Bereich des Tanks kommt und je nach Bauweise der Tank platzt oder überhitzt, Kraftstoff ausläuft und wir dann auch eine Brandausbreitung haben.“

Bei Crashtests schneiden die Stromer gut ab

Eine Gefahr bestünde demnach beim Stromer nur, wenn die Batterie in Mitleidenschaft gezogen werde. Was bei der Bauweise der Fahrzeuge nahezu unmöglich sei. Mittlerweile gibt es zahlreiche Crashtests von EuroNCAP, Dekra oder der amerikanischen IIHS – deren Ergebnisse allesamt für die Stromer sprechen. Und das völlig unabhängig vom Alter der Fahrzeuge oder vom Preissegment. Vom Porsche Taycan bis hin zu den älteren Modellen des Nissan Leaf – die Batterien blieben nach den Crashtests intakt. Selbst wenn bei den inszenierten Unfällen die Batterien verformt wurden, sie neigten nicht dazu, leicht in Brand zu geraten.

Die Feuerwehren sind für Brände von E-Autos gut gerüstet

Sollte nach extrem schweren Unfällen das E-Auto doch unerwartet in Brand geraten, ist die Feuerwehr jedenfalls auch darauf gut vorbereitet. Laurösch gibt zu bedenken: „Sobald der Unfall so schwer ist, dass sich die Batterie verformt, müssen wir wachsam sein.“ Bei Unfällen schwerster Art kann eine Zelle der Batterie kaputtgehen oder ein Kurzschluss entstehen. In der Batterie kommt es dann zu einer Reaktion – dem sogenannten Thermal Runway. Diese Reaktion erzeugt immer wieder Sauerstoff, der Prozess weitet sich aus und die gespeicherte Energie setzt sich in kurzer Zeit frei – vergleichbar mit einer Feuerwerksbatterie, die wieder und wieder einen Brennkörper entzündet.

Wasser marsch – und zwar bis zu 10.000 Liter

Bei einem solchen Vorgang könne es sogar sein, dass man davon zunächst nichts merkt, erklärt Laurösch. Da man in die Batterie nicht reinsehen kann und ein Brand erst nach mehreren Stunden unbemerkt entstehen könnte. Im Zweifelsfall ist das Vorgehen für die Feuerwehr ganz klar: „Der erste Weg ist immer zu prüfen, ob das Fahrzeug qualmt oder bereits brennt. Dann schauen wir, ob wir es mit den normalen Mitteln, also mit viel Wasser, löschen können.“ An der Einsatzstelle sollte mit bis zu 10.000 Litern Wasser gerechnet werden. Das klingt viel. Aber anders als bei einem Brand mit einem Verbrenner-Fahrzeug braucht es hierbei zumindest keine speziellen Löschmittel, die in vielen Fällen noch Arbeiten wie das Abtragen des verunreinigten Bodens nach sich ziehen würden.

Wenn sich das Auto erneut entzündet, sorgt die Löschmulde für Abkühlung

Anschließend beobachtet die Feuerwehr das Fahrzeug. Für den Fall, dass es sich erneut entzündet, wird nachgelegt und nochmals gelöscht. „Aber nach einer Stunde muss man eine Entscheidung treffen. Dann setzen wir das Fahrzeug in die Löschmulde und fluten es“, sagt Laurösch und zeigt auf die Wasseranschlüsse der Löschmulde. Um das Fahrzeug zu kühlen, fluten die Experten die Mulde, bis die Batterie unter Wasser steht. Sie komplett zu füllen ist nicht nötig. Erwärmt sich das Wasser, lässt die Feuerwehr kühleres Wasser nach. Danach übergeben die Feuerwehrleute das Auto dem örtlichen Entsorger. Eine weitere Möglichkeit, einen Batteriebrand beim Elektro-Fahrzeug zu löschen, ist der Einsatz einer Löschlanze. Wie ihr Name bereits sagt, durchstößt sie die Batterie und löscht den Brand direkt beim Brandherd.

Die Feuerwehren blicken gelassen in die Zukunft

Die Feuerwehr in Friedrichshafen setzt allerdings auf den Löschcontainer, da dieser auch bei anderen Einsätzen unterstützen kann. Noch kam er bei keinem Fahrzeugbrand mit einem Stromer zum Einsatz. Laurösch nimmtʼs pragmatisch: „Praktischerweise dient die Mulde auch als Wasserspeicher für Einsätze, die abseits von Wasseranschlüssen liegen.“ Doch was passiert, wenn die Zulassungszahlen von Elektro-Fahrzeugen zunehmen? Würden dann die Brände zunehmen? Laurösch sieht gelassen in die Zukunft: „Nein. Die Fahrzeug-Entwicklung schreitet voran, die Batteriepacks werden kleiner, immer besser und stabiler verstaut. Es wird nicht mehr Probleme geben als zum jetzigen Zeitpunkt.“