28.10.2019

Hyundai Nexo – Schlag ins Wasser

Hyundai beweist, dass der Wasserstoffantrieb und die Brennstoffzelle längst serienreif sind. Trotzdem wird sich die Technologie im Auto kaum durchsetzen. Woran das liegt, zeigt sich in unserem Test.

„Kommen wir jetzt zu etwas völlig anderem“ heißt der Running Gag in Monty Pythons „Wunderbarer Welt der Schwerkraft“. Der Hyundai Nexo ist so etwas völlig anderes, aber sicherlich kein Gag. Seit 2018 gibt es den SUV, der statt Benzin, Diesel oder Strom in fünf Minuten knapp sechs Kilogramm Wasserstoff tankt und damit über 600 Kilometer weit fährt. Aus dem Auspuff kommt dabei nur Wasserdampf. Fakten, die auf den ersten Blick überzeugen, ganz so wie der schicke SUV auch. Denn während deutsche Hersteller seit Jahrzehnten nur Konzepte, Studien und Kleinserien vorstellen, meint Hyundai es ernst. Den Nexo kann jeder kaufen. Zumindest jeder, der bereit ist, mindestens 69.000 Euro für den kompakten SUV auszugeben.

Der Nexo überzeugt durch hohen Komfort und umfangreiche Serienausstattung

Viel Geld für fünf Sitzplätze auf 4,67 Meter Länge. Denn im gleichen Hause gibt es auch den 19 Zentimeter kürzeren Tucson (ab 22.970 Euro) und den zehn Zentimeter längeren Santa Fe (ab 35.000 Euro). Doch beide sind konventionelle Verbrenner. Neue Technik war dagegen schon immer etwas teurer. Außerdem sind im Nexo die Verarbeitung, die Materialauswahl und der Serienumfang jeweils gehoben: Selbst das beheizbare Lederlenkrad ist immer mit an Bord. Doch in dieser Preisklasse müssen solche Komfort-Details stimmen, schließlich tritt der Nexo an gegen die Elektro-Konkurrenz von Mercedes (EQC, ab 71.281 Euro), Jaguar (I-Pace, ab 79.450 Euro) und Audi (E-tron, ab 80.900 Euro). Der Nexo ist sogar förderberechtigt, bekommt also die 4000 Euro Umweltprämie. Wer möchte, steckt diese direkt in das Premium-Paket (Aufpreis: 3500 Euro), also quasi die Vollausstattung. Dafür gibt es dann unter anderem 19-Zoll-Alufelgen, eine 360°-Kamera und einen Totwinkel-Assistent, der den bis dahin blinden Fleck bei jedem Abbiegemanöver in den Tacho projiziert.

Bei der Effizienz ist die Brennstoffzelle dem E-Antrieb unterlegen

Doch neben dem Preis gibt es noch eine weitere Schwäche: Die Brennstoffzelle ist nicht sonderlich effizient. Zwar handelt es sich bei den 440 Zellen im Nexo schon um die vierte Generation der Brennstoffzellen-Technik, doch auch sie schafft nur einen Wirkungsgrad von 60 Prozent. Weil sich die Verluste auf dem Weg von der Stromerzeugung bis zur Straße summieren, bleibt unterm Strich nur knapp ein Viertel der Energie für den Vortrieb. Bei E-Autos mit Batterie sind es immerhin fast 75 Prozent. Auch durch weitere Forschung und Entwicklung lässt sich das nicht grundsätzlich ändern.

Der Nexo erwies sich als alltagstauglich – sofern die Tank-Infrastruktur vorhanden ist

Schade, denn in unserem 14-tägigen Test hat sich der Nexo als uneingeschränkt alltagstauglich bewiesen. Das liegt sicherlich auch an unserem Standort: In einem Radius von zwanzig Kilometern rund um die ACE-Zentrale in Stuttgart gibt es bereits heute fünf Wasserstoff-Tankstellen, deutschlandweit sind es dagegen erst 76. Vor allem im Nordwesten und Nordosten klaffen noch immer größere Lücken. Doch mit über 600 Kilometern Reichweite lassen sich diese problemlos überwinden.

Leise und dynamisch unterwegs

Ansonsten klingt das Fahren mit Brennstoffzelle futuristischer als es tatsächlich ist: Vom „Hochfahren“ der Technik bekommt der Fahrer bis auf ein paar leise Zischlaute nichts mit, der Nexo fährt wie jedes moderne (Elektro-)Auto. Im Innenraum gibt es jedoch weder Schaltung noch Automatikhebel. Wer losfahren will, drückt stattdessen auf „D“, schon gleitet der Nexo geräuschlos dahin. Das bärenstarke Drehmoment von 395 Nm drückt den Nexo jederzeit vehement nach vorne, erst bei 177 km/h ist Schluss. Auch das Nachfüllen ist nicht kompliziert, wer einmal getankt hat, hat den Dreh raus. Ideale Voraussetzung also für eine Zukunftstechnologie. Wären da eben nicht der hohe Einstiegspreis und die schlechte Effizienz. Denn zukünftige Technologien werden sich auch an ihrer Energie- und damit CO2-Bilanz messen müssen – und da liegt die Brennstoffzelle zwar knapp vor Diesel und Benziner – aber eben weit abgeschlagen hinter dem Elektroauto mit Batterie.

Technische Daten (pdf)