24.09.2021

VW ID.4 – Elektro-SUV für den Alltag

Der VW ID.4 präsentiert sich als alltagstaugliches Elektro-SUV, das vor allem auch für längere Fahrten ausgelegt ist. Die Wolfsburger versprechen sich viel von ihm. Wir uns auch. Vor allem, wie sich das Fahrzeug im Realbetrieb in der City und draußen, auf freier Wildbahn, gibt. Schauen wir mal ...

Mächtige Erscheinung trifft es am ehesten, denn wer vor dem neuen Wolfsburger Dickschiff ID.4 steht, muss schon groß gewachsen sein, um ihm auf Augenhöhe zu begegnen. Zumindest von außen. Im Inneren des Elektro-SUV (Testwagen, Ausstattung Pro Performance Max, ab 58.820 Euro) wird der Fahrende schnell Herr der Lage, auch wenn er etwas kleiner ist. Wesentliche Funktionen sind einfach zu handhaben.

Schlüssellos, einfach los

Auch beim ID.4 kann der Schlüssel einfach in der Tasche stecken bleiben. Eine Bewegung hin zur Tür reicht und der Wagen schließt sich auf. Die LED-Matrix-Scheinwerfer – beim „Max“ in Serie – begrüßen einen mit einem Schwenk der Linsenmodule. Startknopf? Den braucht keiner. Der ID.4 ist sofort startklar und ähnlich wie bei Mercedes-Pkw mit Automatik befindet sich die etwas knubbelige Schaltung rechts hinter dem Lenkrad. Einfach auf „D“ stellen und schon kann es losgehen. Etwas ungewohnt, aber geschickt platziert und schnell gelernt. Ein Tipper auf die Bremse und der Bordcomputer springt an.

Ausgezeichnete Sitze – im wahrsten Sinne

Die gut konturierten Sitze vorne bieten auch auf Langstrecken guten Seitenhalt, spenden einen Touch Geborgenheit und lassen sich schnell elektrisch auf die gewünschte Position einstellen. – die Aktion Gesunder Rücken (AGR) hat den Sitzen ihr Gütesiegel verpasst. Die Sitzplatzverhältnisse sind vorne wie auch hinten enorm und bieten auch großen Menschen ausreichend Freiheit für Bein, Kopf und Geist.

Souverän, aber unsportlich

Der ID.4 liegt gut auf der Straße. Fast wie ein Brett. Der 77 kWh starke Akku trägt, im Unterboden platziert, seinen Teil zu einer ausgeglichenen Gewichtsverteilung und damit auch zur stabilen Straßenlage bei. Das straffe Fahrwerk auch. Der 150 kW (204 PS) starke Elektromotor sitzt an der Hinterachse und kann das SUV in maximal 8,5 Sekunden von null auf 100 beschleunigen. Bei 160 km/h riegelt die Fahrzeugelektronik automatisch ab. Ein Sportler ist der Elektro-VW nicht. Soll er auch nicht sein. Denn er ist bewusst für längere Strecken ausgelegt.

Genug Reichweite für den Alltag

Mit komplett gefülltem Akku sind Reichweiten zwischen 360 und 520 Kilometer möglich. Wie bei Elektroautos üblich, ist das abhängig von vielen Parametern, wie etwa dem eigenen Fahrverhalten, dem Fahrtempo, Steigungen und dem zusätzlichen Gewicht durch Beladung. Mitunter müssen die 150 kW mit den knapp 2,2 Tonnen kämpfen, bei den Steigungen im Mittelgebirge wird dies besonders deutlich. In den ID.4-Einstiegsvarianten steht auch eine 52-kWh-Batterie zur Verfügung, die soll immerhin zwischen 230 und 340 Kilometer an Reichweite ermöglichen.

Wärmepumpe hilft beim Sparen

Als Option gibt es noch eine Wärmepumpe, die für das Aufheizen des Innenraums sorgt und damit den Traktions-Akku schont. Das ist sinnvoll, denn Abwärme wie bei einem Verbrenner, der die Heizung versorgen könnte, gibt es nicht. Und wenn es kalt wird, leidet der Akku dann erheblich, die Reichweite schrumpft. Aber auf der Testfahrt ist das unerheblich, das Wetter ist gut, die Temperaturen sind spätsommerlich warm.

Die technischen Daten des VW ID.4 (pdf) haben wir in einer Tabelle für Sie zusammengefasst.

Unterwegs in der City

Im Stadtverkehr fahrtechnisch souverän, wirkt der Koloss etwas behäbig. Zwar ist die Rundumsicht recht gut und wird durch die Assistenzsysteme unterstützt, aber der ID.4 raubt schon Platz in der City. Und mit dem „Elektroriesen“ im Stopp-und-Go-Verkehr der Stuttgarter Baustellenwelt unterwegs zu sein, erzeugt nicht immer das angenehmste Fahrgefühl. Besonders auf beengten Fahrspuren neben kleineren Fahrzeugen. Sicher etwas für Romantiker ist das Panorama-Glasdach, das sich fast über die gesamte Länge das Dachs erstreckt. Tagsüber bringt es viel Licht, abends eine große Sonne-Mond-Sterne-Atmosphäre ins Auto.

Passabler Durchschnittsverbrauch

Auf 100 Kilometer erreichten wir mit Berg-und-Tal-Fahrten, inklusive Rekuperieren, Stadt- und Autobahnverkehr einen Durchschnittsverbrauch von 17,6 kWh auf 100 Kilometer. Nah dran am angegebenen WLTP-Wert von 17,7 kWh. An der Wechselstrom-Wallbox lädt der ID.4 mit bis zu 11 kW. An Schnellladesäulen mit bis zu 125 kW. Ein Schnellladen von 0 auf 80 Prozent – ist für eine längere Batterielebensdauer empfohlen – ist so in nur knapp 30 Minuten möglich. Die digitalen Fahrzeugdienste des ID.4 unterstützen die Ladevorgänge: Via Smartphone-App (we Connect) lassen sich der Ladevorgang steuern, der Ladezustand der Batterie und die Reichweite abfragen. Geschickt für spontane, reichweitenfressende Abenteuer. Auch die Klimaanlage ist damit fernbedienbar.

Informativ und sicher

Pluspunkte verdient sich der ID.4 klar bei den Fahrassistenten, etwa bei der Fußgängererkennung und beim adaptiven Tempomat, der über Verkehrszeichenerkennung automatisch Geschwindigkeiten drosseln kann. Auch das Head-Up-Display zählt dazu. Es besitzt neben Geschwindigkeitsanzeige, Tempolimiterkennung & Co. auch erweiterte Augmented-Reality-Objekte wie Navigationspfeilen oder Abstandsbalken zum vorderen Fahrzeug, wenn dies zu nahe kommt und der Travel Assist aktiviert ist. Der regelt automatisch den Abstand zum Vorausfahrenden.

Gut ablesbare Displays und ein Hingucker im Cockpit

Während der Testfahrt ist das Head-up-Display immer gut ablesbar, sowohl während der Abendstunden in der City mit den Lichtflimmereien des Straßenverkehrs als auch tagsüber, bei mäßig starkem Sonnengruß durch die Frontscheibe. Etwas ungewohnt, aber gut ablesbar ist das kleine Tacho-Display an der Lenksäule. Komfortabler präsentiert sich das 12-Zoll-Display mit Infotainment und Navigationssystem. Das reagiert auch auf Sprache und zeigt auf Knopfdruck Ladestationen im direkten Umfeld oder entlang der Route an. Nettes Gimmick: die LED-Kommunikation im Cockpit. Sie zeigt etwa bevorstehende Richtungswechsel mit „fließender“ Bewegung an.

Soll es eine Nummer kleiner sein? Dann lesen Sie unseren Fahrbericht zum VW ID.3

Volumen satt, für Familien knapp

Mit einem Volumen von 543 Litern ist der Kofferraum des ID.4 für den großen Wochenendausflug zum Wandern und den kleineren Urlaub geeignet. Zwar lässt sich der Kofferraum durch Umklappen der Rücksitzlehnen auf 1.575 Liter vergrößern – es passt also eine Menge rein, wenn die Rücksitze nicht belegt sind. Aber selbst Familien mit Kinderwagen oder Menschen, die sperrige Gegenstände transportieren wollen, könnten etwas Probleme bekommen – doppelter Boden fürs Ladekabel. Die Konstruktion des Kofferraum ist eben nicht für jede Art von Gepäck geeignet.

Fazit: Ein komfortabler Alltagsbegleiter, der seinen Preis hat

Der ID.4 ist ein ausgereiftes Alltagsauto. Dass es ein Elektroauto ist, tut dem kein Abbruch. Wegen der Größe ist der ID.4 eher etwas für außerhalb als für enge Citys. Die Preise sind nicht billig. Sie starten bei 37.415 Euro (Pure). Wer die Top-Variante will, muss deutlich tiefer in die Tasche greifen. VW schwebt da schon in Tesla-Regionen. Für den Einstieg in die Welt der Elektromobilität, etwa für Familien, viel zu teuer – auch wenn der Elektrobonus noch dazukommt.