01.07.2016

Opel Astra Sports Tourer oder Peugeot 308 SW

Leichtbau und kleine Motoren sind die großen Themen bei der Konstruktion moderner Autos. Aber ob das bei einem familientauglichen Kombi der richtige Weg ist? Zwei Modelle aus der Federgewichtsklasse stellen sich einem Vergleich.

Autos müssen wieder leichter werden, zumindest wäre das ein probates Mittel um den Verbrauch zu senken. Gleich 200 Kilo leichter als sein Vorgänger soll der Opel Astra sein, auch Peugeot gibt 140 Kilo Erspanis gegenüber dem vorherigen 308 SW an.  Das sind mindestens zehn Prozent weniger Masse, die es zu beschleunigen gilt.

Motorisierung und Gewicht

 

Geht es um das Thema Sparsamkeit kann auch die Wahl der Motorisierung beitragen: Es muss nämlich nicht immer ein Diesel sein. Unter 1,3 Tonnen wiegt die Kombiversion eines Opel Astra mit Benzinmotor. Darin enthalten sind rund 40 Kilo Kombiaufschlag auf den 33 Zentimeter kürzeren Fünftürer. Mit einem Diesel unter der Haube würde das Leergewicht wiederum um rund 100 Kilo zulegen. Mit der für den Test gewählten Motorisierung, einem 1.4 Liter großen Benziner, dem ein Turbolader ein wenig auf die Sprünge hilft, stehen 1322 Kilo in den technischen Daten. Als Resultat der Bemühungen soll der stattliche Kombi nur 4,9 Liter Super auf 100 Kilometer verbrauchen.


Noch besser kann es auf dem Papier Peugeot: Die Kombiversion des 308 wiegt laut Werksangeben im besten Fall ganze 1265 Kilo. Allerdings wird hier, je nach Ausstattung eine Spanne bis zu 1447 Kilo eingeräumt. Also eher ein idealisierter Wert. Trotzdem sollen lediglich 4,6 Liter für 100 Kilometer reichen. Tatsächlich sitzt unter der Haube ein Zwerg von einem Motor: Bei drei Zylindern und nur 1199 Kubikzentimeter Arbeitsraum, verhilft hier ebenfalls ein Turbolader zu einer Leistung von immerhin 130 PS. Auch bei den Franzosen wöge ein Diesel rund 100 Kilo mehr, was im schlimmsten anzunehmenden Fall bedeutet, dass die erlaubte Zuladung nur noch 375 Kilo beträgt. Was für einen Kombi dieser Größe doch eher lächerlich ist.

Laderaum und -sicherung

 

Vielleicht sollte man dem Jonglieren der Hersteller mit dem Gewichten auch nicht gar so viel Beachtung schenken. Eine größere Rolle spielt doch der praktische Nutzen. Und hier haben die beiden Kompaktklasse-Kombis jede Menge zu bieten: Die Laderäume fassen im Normalzustand bereits 540 (Opel) oder sogar 640 Liter (Peugeot). Wobei hier bei einem Astra 65 Liter abgezogen werden dürfen, sofern ein vollwertiges Reserverad mit an Bord soll. Das Volumen versteckt sich nämlich in der Reserveradwanne. Wenigstens ist im Kombi, im Gegensatz zur Limousine, noch ein Platz für das vollwertige fünfte Rad im Wagen vorgesehen. 


Auch beim Peugeot verstecken sich 54 Liter unterhalb des Ladebodens. Die Ladefläche ist rund einen Meter lang und – was fast noch wichtiger ist – über einen Meter breit. Das reicht auch für den Kinderwagen. Sollte mehr Platz benötigt werden, können die hinteren Lehnen vom Kofferraum aus entriegelt werden. Da die Sitzflächen entsprechend abtauchen, entsteht eine ebene Ladefläche.


Ein in den Boden integriertes Schienensystem macht es im Testwagen anschließend leicht, die Ladung zu sichern. Leider ist das nur für die Topversion Allure zu haben und kostet selbst da noch 150 Euro Aufpreis.


Im Opel fallen die Lehnen nicht ganz bis in die Horizontale, es bleibt eine leicht ansteigende Rampe. Für die Sicherung gibt es herkömmliche Zugösen am Boden und gegen Aufpreis Schienen unterhalb der Fenster auf denen sich Plastik-Klemmstücke befestigen lassen. Das Flex Organizer Paket für faire 125 Euro enthält neben den Schienen auch ein Trenn- und Taschennetz. Damit lässt sich der Gepäckraum unterteilen, mehr aber auch nicht. Ein richtig solides Trennnetz, das hinter der ersten und zweiten Reihe schwere Gegenstände vom Flug nach vorne abhält, kostet bei Opel 175 Euro Aufpreis, bei Peugeot 200 Euro. Eigentlich darf es in keinem Kombi fehlen.


Gegen Zuzahlung von 250 Euro ist die Rückbank im Astra im Verhältnis 40/20/40 teilbar, in den höheren Ausstattungslinien gibt es zudem eine sensorgesteuerte Heckklappe gegen Aufpreis von mindestens 750 Euro. Eine Fussbewegung unter dem hinteren Stoßfänger reicht und die Klappe fährt automatisch auf. Sehr praktisch wenn man die Hände voll hat. Aber auch nur dann.

Der Fondbereich

 

Einen weiteren Pluspunkt sammelt der Opel Astra bei den Mitfahrern – besonders wenn es sich um Erwachsene handelt. Auf der Rückbank sitzt es sich bequem, gegen Aufpreis lassen sich die äußeren Fondsitze sogar beheizen. Wobei die profilierten Polster nicht mit allen Kindersitzen harmonieren. Besonders angenehm ist die gegenüber dem Vorgänger deutlich gesteigerte Beinfreiheit – auch weil die Vordersitze an ihrer Rückseite stark ausgespart sind. Einzig der Einstieg und die Aussicht können nicht vollständig begeistern. Die obere Fensterlinie fällt nach hinten hin ab, die untere steigt stark nach oben an. Das stört vor allem Kinder, die kaum nach draußen schauen können. Dazu ragt die Tür weit in das Radhaus hinein. Der Einstieg erfordert ein wenig Gelenkigkeit, Auch beim Festschnallen von Kindern ist das nicht allzu bequem. Hier wurde dem Aussehen zu Liebe doch einiges an praktischem Nutzen verschenkt.


Beim Peugeot ist die hintere Tür etwas quadratischer und somit praktischer, die Fensterflächen sind ab der B-Säule etwas größer. Dafür macht die Rückbank keinen sonderlich komfortablen Eindruck, obwohl auch hier die Beinfreiheit großzügig bemessen ist. Die Sitzbank ist relativ kurz, glatt und ziemlich weit oben montiert, die Kopfstützen lassen sich nicht sonderlich weit ausziehen. Das Panorama-Glasdach sollte nur wählen, wer keine großen Menschen im Fond mitnehmen will. Es kostet zusätzliche Kopffreiheit.

Der Fahrplatz/Cockpit

 

Nehmen wir nun Platz in der ersten Reihe. Das Astra-Cockpit sieht aufgeräumt aus und wirkt bei entsprechenden Häkchen in der Aufpreisliste edel und gut bestückt. Klavierlack und ein paar Chromelemente können aber nicht darüber hinwegtäuschen, das natürlich auch in Rüsselsheim ein gewisser Kostendruck herrscht. Manche Teile wie der Chromeinsatz am Schalthebel fühlen sich etwas scharfkantig an, andere wie die Armlehne oder die Sitzverstellung etwas wackelig, wieder andere, zum Beispiel die Türverkleidung klingen bei der Klopfprobe etwas hohl. Auch an Ablagen rings um den Schalthebel hat Opel gespart, wobei der Schlitz unterhalb der Klimaeinheit gut geeignet ist um ein Smartphone aufzunehmen. Nur bei der Ausführung mit elektrischer Handbremse gibt es eine so genannte Premium-Mittelkonsole mit Jalousie.


Empfehlenswert sind die Ergonomie-Sitze, die für Fahrer- und Beifahrerplatz 685 Euro kosten, die Problemzone Rücken aber deutlich entlasten. Die Rundinstumente sind zwar relativ klein ausgefallen, dafür aber durch das Lenkrad hindurch vollständig zu sehen. Das Volant ist bei voller Ausstattung mit Knöpfen überladen, trotzdem liegt das Lederlenkrad gut in der Hand.
Das ist beim Peugeot nicht immer der Fall, zumindest wenn man sich nicht ein wenig umstellt. Hier werden die Anzeigen nämlich oberhalb des Lenkrades abgelesen, das Lenkrad ist aus diesem Grund extra klein ausgefallen und am unteren Rand auch noch abgeflacht. Statt nach oben sollte es also tendenziell eher etwas nach unten eingestellt werden, die daraus resultierende Armhaltung ist ungewohnt, die flache Stelle beim Umgreifen irritierend. Auch der gegenläufige Drehzahlmesser verwirrt zunächst mehr, als das er nützt. Doch das ist ebenfalls nur eine Frage der Gewohnheit.


Die Sitze sind bequem und bieten guten Seitenhalt. Optional ist auch eine Lendenwirbelstütze mit Massagefunktion erhältlich.


Das Cockpit ist noch sehr viel aufgeräumter als im Astra, denn auch so alltägliche Handgriffe wie das Einstellen der Innenraum-Temperatur werden über den berührungsempfindlichen Monitor gesteuert. So bleiben nicht mehr viele Tasten übrig. Seltsamerweise werden für die Sitzheizung dann aber Drehrädchen verwendet, die am Boden der Ablage vor dem Schalthebel sitzen. Die Einstellung der gewählten Heizleistung ist nicht zu erkennen und garantiert liegt hier im Alltag das Handy obenauf. Zumal dort noch ein USB, Line-In und 12 Volt-Anschluss ihren Platz gefunden haben. Das Ganze wirkt wie beim ursprünglichen Entwurf vergessen und dann nachträglich eingebaut.

Handy, Navi und andere Optionen

 

Davon abgesehen: Der Testwagen mit zusätzlichem GT-Line-Paket im Wert von 2200 Euro erfreut das Auge mit einer Stoff/Kunstleder-Kombination mit roten Ziernähten, die auch über das Armaturenbrett laufen, sowie Einstiegsblenden und Pedalen aus Aluminium. Das sieht schon fein aus, wichtigster Bestandteil dieses Pakets ist jedoch sicherlich das Navigationssystem Plus, das aber auch einzeln für 640 Euro bestellt werden kann. Kostenlose Telematikdienste sind dann im Topmodell inbegriffen, bei den einfacheren Ausführungen kostet der automatische Notruf per GPS Modul und europäischer Sim Karte zwischen 240 und 440 Euro. Auch eine Notfallverbindung zum Hersteller ist darin enthalten, allerdings laut Peugeot nur während der Garantiezeit, die zwei Jahre beträgt.


Opel hat in Sachen Konnektivität stark aufgerüstet. Intelli Link nennen die Rüsselsheimer die Integration von Daten. Mit Hilfe von Google Car Play und Android Auto können Inhalte des Smartphones auf das Dispay im Auto übertragen werden. Dazu gibt es den OnStar-Service, der neben dem automatischen Notruf noch weitere Dienstleistungen bietet. So können mittels einer App bestimmte Funktionen ferngesteuert werden, wie etwa Auf- und Zuschließen der Türen. Auch eine Ferndiagnose und ein Diebstahl-Notfallservice werden angeboten. Das Auto wird dann von Opel geortet und per Wegfahrsperre lahmgelegt. Das erste Jahr ist kostenlos, jedes weitere kostet dann 99 Euro.

Fahrverhalten

 

In beiden Kombis ist man gut unterwegs, wobei sich die Charaktere doch deutlich unterscheiden. Der Dreizylinder im Peugeot legt sich knurrend kräftig ins Zeug und lässt das Hubraum- und Zylinderdefizit fast vergessen. Das kleine Aggregat klingt naturgemäß etwas anders als der Vierzylinder im Opel, der aber akustisch und schwingungstechnisch keine wirklichen Pluspunkte gegenüber dem Winzling sammelt. Auch nicht beim Verbrauch. Betont sparsam bewegt, sind beide Kombis mit rund sechs Liter zufrieden. Bei höherer Last, also bei zügiger Fahrt oder mit Beladung gehen die Verbräuche steil nach oben.


Beide manuellen Sechsgang-Getriebe lassen sich leicht schalten, Unterschiede gibt es jedoch beim Lenken. Die Peugeot Lenkung macht einen spitzen, beinahe nervösen Eindruck. Hat man sich daran gewöhnt, wirkt das Handling des Astra beim direkten Umstieg zunächst einmal wieder schwerfällig. Was es natürlich nicht ist. Unter anderen dank niedrigem Gewicht.

 

Fazit

Der Opel Astra hat als Limousine und Kombi einen großen Sprung nach vorne gemacht. Innovativ und trotzdem noch bezahlbar ist genau der richtige Weg.


Der 308 Kombi ist hierzulande eine Art Geheimtipp. Faktisch gibt es wenig auszusetzen, die Besonderheiten wie das kleine Lenkrad muss man allerdings mögen.