Wer deutsche Autofahrer nach dem Antrieb der Zukunft fragt, bekommt überraschende Antworten. Denn laut einer Untersuchung der Deutschen Energie-Agentur (dena) würden sich schon 72 Prozent für ein Auto mit alternativem Antrieb entscheiden. Zumindest wenn der Kaufpreis derselbe wie bei einem klassischen Verbrenner ist. Ganz hoch in der Gunst der potenziellen Käufer liegt dabei Wasserstoff. Mehr als ein Drittel würde ein solches Fahrzeug wählen. E-Autos mit Akku wecken dagegen nur bei 17 Prozent das Interesse – wie gesagt bei gleichem Kaufpreis. Aspekte wie Modellauswahl, Anzahl der Tankmöglichkeiten und Kilometerkosten wurden dabei nicht berücksichtigt.
Das Wissen über alternative Antriebe ist noch lückenhaft
Was die Befragung nämlich auch aufzeigt, sind große Wissenslücken. Insbesondere was alternative Antriebe angeht. Während die Mehrheit der Befragten sich „eher gut“ mit Benzinern (78 Prozent) und Dieseln (71 Prozent) auskennt, sind es bei reinen Elektroautos nur knapp die Hälfte. Noch schlechter ist der Kenntnisstand in Bezug auf Hybride (39 Prozent), Wasserstoff (27 Prozent) und Erdgas (24 Prozent). Gefragt war nach der eigenen Einschätzung. Wie gut der Kenntnisstand tatsächlich ist, wurde nicht überprüft. Und gerade bei den neuen Antrieben überlagern „alternative Fakten“ oft physikalische Gesetze.
Sind Elektroautos nur eine Brückentechnologie?
So gilt vielen Autofahrern die batterieelektrische Mobilität nur als Brückentechnologie mit begrenzter Halbwertszeit. Oft hört man die Frage: „Warum auf Elektro setzen, wenn sich in zehn Jahren die bessere Technik durchsetzt?“ Gemeint ist damit der Wasserstoff. Er nährt die Hoffnung, weil schon der Name eine reine Weste verspricht. Auch von den Vorteilen wie schneller Betankung und großer Reichweite haben die meisten schon gehört. Doch wie sinnvoll ist der Wasserstoffantrieb für private Autofahrer und wie umweltfreundlich ist die Technologie? Die wichtigsten Fakten dazu haben wir deshalb zusammengetragen.
Die Brennstoffzelle wandelt Wasserstoff in Wasser und Strom um
Ein paar Erläuterungen vorweg: Wer heute von Wasserstoffautos spricht, meint in der Regel zwar Fahrzeuge, die Wasserstoff tanken. Doch wird dieser nicht mehr – wie vor ein paar Jahren noch üblich – im Motor verbrannt. BMW passte beispielsweise 2006 für eine Kleinserie den Motor der Siebener-Limousine so an, dass dieser statt Benzin auch Wasserstoff verbrennen konnte. Forschung in diesem Bereich gibt es jedoch kaum noch. Heute setzen die Hersteller auf die Brennstoffzelle, die den Wasserstoff in Wasser und Strom umwandelt.
Statt Abgasen kommt nur Wasser aus dem Auspuff
Der Vorteil des Ganzen: Der Prozess läuft wesentlich effizienter ab. Der BMW Hydrogen 7 verbrauchte noch fast vier Kilogramm auf 100 Kilometern. Der Toyota Mirai gönnt sich dagegen nur 760 Gramm – zumindest laut offiziellem Zyklus. Im Alltag waren es in unserem Test etwa 1 bis 1,3 kg. Weiterer Vorteil: Durch die bessere Effizienz schrumpft der Tank deutlich. Und am Ende bleibt wirklich nur Wasser übrig. Beim Wasserstoff-Verbrennungsmotor kamen dagegen noch Stickoxide aus dem Auspuff.
Hybrid aus Batterie- und Wasserstoffantrieb möglich
Allerdings kann die Brennstoffzelle den Elektromotor nicht direkt mit Energie versorgen. Die „Stacks“ genannten Brennstoffzellen-Stapel liefern dafür zu wenig Strom. Ein kleiner Akku wird daher als Pufferspeicher zwischengeschaltet. Mercedes hat aus der Not gleich eine Tugend gemacht und in sein Modell eine größere Batterie eingebaut, die sich auch von außen laden lässt. Perfekt, um die tägliche Pendelstrecke mit Ökostrom zu fahren, weitere Strecken jedoch mit Wasserstoff.
Geringer Rohstoffverbrauch, große Reichweite und schnelle Tankvorgänge sprechen für den Wasserstoffantrieb
Und noch ein Vorteil: Weil der Pufferspeicher in der Regel deutlich kleiner ausfällt als die Traktionsbatterie in reichweitenstarken E-Autos, werden insgesamt weniger kritische Ressourcen benötigt. Lediglich Platin steht als Kostentreiber noch auf der Liste, doch die ersten Brennstoffzellen ohne das Edelmetall sind in Entwicklung. Egal ob mit großem Akku oder doch nur mit Wasserstoff: Alle Brennstoffzellenfahrzeuge eint ein Vorteil – die relativ große Reichweite von 500 Kilometern und mehr. Und da das Tanken nicht länger als fünf Minuten dauert, gilt der Wasserstoffantrieb als ideal für Vielfahrer.
Die Brennstoffzellentechnologie hat jedoch ihren Preis
Keine Abgase, große Reichweite, kaum Ressourcenbedarf. Klingt nach der idealen Lösung für den Verkehr von morgen. Doch die Realität sieht anders aus. Denn unter anderem hohe Preise für Fahrzeuge, Kraftstoff und Tankstellen stehen dem entgegen. Auch ist die Auswahl bisher mickrig: In Deutschland kann man gerade mal zwei Modelle kaufen: den Toyota Mirai sowie den Hyundai Nexo. Beide kosten knapp 80.000 Euro, weil die Brennstoffzellen heute in Handarbeit gefertigt werden. Branchenexperten gehen davon aus, dass die Produktion noch deutlich teurer ist und die Fahrzeuge nur aus Image-Gründen günstiger verkauft werden. Auch der Kraftstoff an sich geht ins Geld. Ein Kilogramm kostet aktuell 9,50 Euro. Das macht knapp zehn Euro Spritkosten auf 100 Kilometern. Mit einem Elektroauto kostet die gleiche Strecke nur die Hälfte, selbst Diesel und Benziner schaffen es, das zu unterbieten.
Bei Herstellung und Transport von Wasserstoff geht viel Energie verloren
Das größte Problem für den Wasserstoffantrieb ist allerdings sein schlechter Wirkungsgrad. Brennstoffzellen erreichen heute zwar einen Wirkungsgrad von bis zu 70 Prozent. Da der Wasserstoff allerdings nicht in der Natur vorkommt, muss dieser erst hergestellt, verflüssigt und transportiert werden, bevor ihn die Brennstoffzelle verarbeiten kann (siehe Infografik). So gehen 70 Prozent der Energie verloren. Beim E-Auto sind es dagegen nicht einmal 30 Prozent, die zwischen Stromerzeugung, beispielsweise durch Windkraft, und Fahrzeugbewegung verloren gehen. Oder anders ausgedrückt: Mit der gleichen Energie, mit der ein Wasserstoffauto 100 Kilometer fährt, kommt ein batterieelektrisches Auto fast 250 Kilometer weit.
Überschüssigen Ökostrom lieber speichern als für die Wasserstoffherstellung ver(sch)wenden
Doch in der Regel wird Wasserstoff gar nicht aus regenerativen Energien gewonnen, sondern aus fossilen Quellen hergestellt. Meist aus Gas, bei dessen Reformation noch Kohlenmonoxid- und Kohlendioxidemissionen anfallen. Lediglich unter zehn Prozent des Wasserstoffs wird tatsächlich per Elektrolyse hergestellt, also aus regenerativer Energie. Und die sollte nach Möglichkeit auch direkt wieder als Strom verbraucht werden. Denn die Brennstoffzelle ist ein Energiewandler und kann diese niemals so effizient speichern wie eine Batterie, da beide Umwandlungsprozesse ja verlustbehaftet sind. Besser wäre es, die Stromspitzen und Überkapazitäten der Wind- und Solarenergieerzeugung direkt abzufedern, als sie durch Umwandlung zu vergeuden.
Die CO2-Bilanz von Elektroautos ist nicht eindeutig
Leider gibt es bisher noch relativ wenig belastbare Zahlen über den gesamten CO2-Fußabdruck von Wasserstoff-Autos – also von Produktion über Betrieb bis zur Entsorgung. Das Wasserstoff-Konsortium H2-Mobility hat deshalb beim Fraunhofer-Institut eine Studie in Auftrag gegeben. Danach liegen die Treibhausgas-Emissionen von Brennstoffzellenfahrzeugen unter denen vergleichbarer Langstrecken-Batteriefahrzeuge. Allerdings gab es dazu viel Kritik, da einerseits mit alten Daten hinsichtlich Akkufertigung und Energiedichte gearbeitet wurde sowie eine kurze Akkulebenszeit angenommen wurde und andererseits vorausgesetzt wurde, dass Brennstoffzellenfahrzeuge grundsätzlich mit saubererem Strom betrieben werden. Mit aktuelleren Zahlen und gleichem Strom gerechnet, haben E-Autos mit großen Akkus (90 kWh) über die gesamte Lebensdauer sogar eine um etwa 30 Prozent bessere CO2-Bilanz.
Für Lkw, Busse und Bahnen könnte Wasserstoff sinnvoll genutzt werden
Fazit: Hohe Kauf- und Spritpreise sowie ein schlechter Wirkungsgrad. Für Privatpersonen sind Wasserstoffantriebe in absehbarer Zeit keine Alternative. Doch es gibt Anwendungsfälle, bei denen die Brennstoffzelle ihre Vorteile gegenüber rein elektrischen Antrieben perfekt ausspielen kann. Dabei geht es meist um Gewicht, Bauraum und Ladedauer. Kann also gut sein, dass sich die Brennstoffzelle ihre Nische bei Lkw, Bussen und Bahnen erschließt.