26.01.2024

Auf Reisen mit E-Auto und Anhänger

Mit dem Wohnwagen in den Urlaub fahren, und das mit einem Elektroauto als Zugfahrzeug? Wir haben uns getraut. Wie entwickeln sich Verbrauch und Reichweite? Und ist das Ladenetz in Deutschland auf Wohnwagenfahrer eingestellt?

Fast schon idyllisch steht die Ladesäule in der Nähe des Kaiserstuhls neben einem grünen Feld. Was das Bild trübt, ist unser Wohnanhänger.

Nicht, weil er nicht schön aussähe, sondern weil er beim Laden fast komplett über den Parkplatz heraussteht und damit andere Plätze blockiert.

Im Sinne der Verkehrssicherheit eine große Gefahr. Nicht das einzige Mal, dass wir mit unserem Anhänger Probleme bekommen haben. Doch beginnen wir von vorne.

E-Auto als Zugfahrzeug – geht das?

Dass Urlaubsfahrten mit Elektroautos heute schon entspannt möglich sind, haben wir bereits mehrmals erfolgreich getestet. Aber was passiert, wenn wir einen Wohnwagen anhängen? Bei Verbrennern kann sich der Verbrauch je nach Gespann schon mal verdoppeln. Und bei Elektroautos?

Unter Strom unterwegs – der Testaufbau

Testfahrzeug war unser Dauertestwagen Volvo XC40 Pure Electric mit Allradantrieb. Verbrauch laut WLTP 20,7 kWh/100 km. Reichweite 431 Kilometer.

Die Strecke führte von der ACE-Zentrale in Stuttgart nach Freiburg im Breisgau und über Titisee-Neustadt im Schwarzwald zurück. Länge: etwa 410 Kilometer. Dreimal sind wir die Strecke gefahren, innerhalb einer Woche, bei ähnlichen Temperaturen, bei ähnlichem Verkehrsaufkommen. 

1. Fahrt: Ohne Anhänger, aber mit „Wohnwagen-Geschwindigkeit“, also mit maximal 100 km/h auf der Autobahn und 80 km/h auf der Landstraße.
2. Fahrt: Mit Mini-Camper der Firma Kuckoo. Gewicht: 610 kg, mit Auflaufbremse. 
3. Fahrt: Mit Wohnwagen der Firma Dethleffs. Gewicht 960 kg, mit Auflaufbremse.

Eine vierte Fahrt fand mit dem Kuckoo zum Achensee in Österreich statt. Nicht als Verbrauchs-Vergleichsfahrt, sondern als zusätzlicher Test der Ladeinfrastruktur für Gespanne.

Ich packe meinen Koffer... – die Vorbereitung

Im Urlaub kommt einiges an Gepäck zusammen. Kleidung, Proviant, Campingausstattung und mehr. Um das im Test nachzubilden, haben wir in den Anhängern jeweils 150 kg Gewicht deponiert. Im Zugfahrzeug befanden sich zwei erwachsene Personen. Die Fahrten fanden bereits im Sommer 2023 statt, Mitte Juni, zur Camping-Hochsaison.

Ganz schön kompliziert – die Lademöglichkeiten

Bei allen Fahrten hat sich gezeigt: die Ladeinfrastruktur ist kaum für Gespanne ausgelegt. Wer mit Anhänger lädt, blockiert entweder Straßen oder andere Ladesäulen. Das gefährdet die Verkehrssicherheit und zeugt nicht von gegenseitiger Rücksichtnahme. Es galt fast jedes Mal, den Anhänger abzukoppeln und auf einem freien Parkplatz abzustellen.

Unsere Fahrten fanden unter der Woche statt, die Parkplätze waren nicht voll ausgelastet, wir konnten entspannt rangieren. Am Wochenende in den Sommerferien sieht das anders aus. An vielen Rastplätzen an Autobahnen ist das Laden theoretisch gar nicht möglich.

Abgehängt – Gespannparkplätze ohne Ladesäulen

Mit Anhänger müssen wir eigentlich auf den ausgewiesenen Gespannparkplatz. Dort sind aber keine Ladesäulen.

Abkoppeln und von dort zu den Pkw-Plätzen mit Ladesäule geht nicht, da wir verkehrt herum in eine Einbahnstraße fahren müssten.

Stattdessen sind wir mit Gespann zu den Pkw-Plätzen gefahren, haben abgekoppelt und dann geladen.

Ganz schön durstig – der Verbrauch

Beim Verbrauch fallen die Anhänger deutlich ins Gewicht. Ohne Anhänger reicht ein Ladestopp. Nach 267 Kilometern laden wir von 30 auf 80 Prozent.

Mit dem Kuckoo laden wir bereits nach 191 Kilometern, sind aber schon bei 18 Prozent angelangt. Einen zweiten Ladestopp legen wir nach 264 Kilometern ein.

Ähnliches Spiel beim Dethleffs. Erster Ladestopp bei nur 156 Kilometern, Ladestand bei lediglich 10 Prozent. Zweiter Stopp bei 277 Kilometern. Gestartet sind wir jeweils mit vollem Akku.

Zurück an der ACE-Zentrale haben wir wieder auf 100 Prozent geladen. Die Übersicht (pdf) zeigt: Der Verbrauch steigt beim großen Anhänger auf mehr als das Doppelte. Entscheidend ist dabei aber nicht nur das Gewicht, sondern auch der Luftwiderstand. Der erhöht sich nämlich quadratisch zur Geschwindigkeit. Bei doppelter Geschwindigkeit ist der Luftwiderstand viermal so hoch. Wer also seinen Verbrauch senken will, sollte auch die Geschwindigkeit drosseln.

Energie durch Bremsen – Rekuperieren

Elektroautos rekuperieren, das heißt, sie bremsen überwiegend mit dem Motor und können dabei Strom erzeugen. Auch ein Teil der Energie, die aufgrund der zusätzlichen Masse eines Anhängers benötigt wird, fließt so zurück in die Antriebsbatterie.

Vorausgesetzt, das Ansprechen der Auflaufbremse des Wohnwagens wird durch eine vorausschauende und sanfte Fahrweise möglichst vermieden. Mit Ausnahme von steilen und kurvigen Bergabpassagen konnten wir das ungewollte Mitbremsen der Wohnwagen meist verhindern.

Das Video zum Praxistest: Wir haben unsere Fahrt mit der Kamera begleitet. Weitere Tipps für die Fahrt mit dem E-Auto und einem Wohnwagen gibt's in unserem Film auf Youtube!

Möglich, aber nicht immer angenehm

Reisen mit Elektroauto und Wohnwagen ist möglich, aber anstrengend. Die Reichweite schrumpft je nach Größe des Anhängers auf die Hälfte zusammen. Schon die daraus resultierenden zusätzlichen Ladestopps verzögern die Reise deutlich. Erheblich erschwerender ist aber das ständige An- und Abkoppeln des Wohnwagens.

Kürzere Distanzen sind wiederum sehr angenehm zu fahren. Durch das kräftige Drehmoment der Elektromotoren haben wir beim Beschleunigen kaum gemerkt, dass wir ein Gespann fahren.

Ein Blick in die Zukunft – Infrastruktur für Gespanne ist noch ausbaufähig

Mit den stetig steigenden Reichweiten der Elektroautos und der steigenden Ladegeschwindigkeit wird zumindest der hohe Verbrauch in Zukunft eine untergeordnete Rolle spielen.

Auch reagieren erste Ladesäulen-Betreiber und stellen Lade-Parkplätze extra für Gespanne bereit. Der ACE setzt sich dafür ein, dass es in Zukunft mehr solcher Ladeparks gibt.

Noch ist die elektrische Urlaubsfahrt mit Wohnwagen ein Abenteuer, aber hoffentlich bald entspannter durch passende Ladeplätze.