Elektroautos? Brennstoffzellenfahrzeuge? Plug-in-Hybride? Hersteller, Politik und Medien ringen fieberhaft um die Zukunft der individuellen Mobilität. Dabei gibt es eine alternative Technologie, die sowohl Umwelt wie Geldbeutel schont und in absehbarer Zukunft in jede Stadt einfahren darf. Die Rede ist vom CNG-Antrieb mit komprimiertem Erdgas, das trotz seiner großen Vorteile gegenüber Benzin und Diesel seit Jahren in der Bedeutungslosigkeit dümpelt. Doch Diesel-Skandal und drohende Fahrverbote rücken den steuerbegünstigten Antrieb wieder in den Fokus. Ist er doch über Jahre erprobt, ebenso einfach zu handhaben wie flüssiger Sprit, mit einem so gut wie flächendeckenden Tankstellennetz und zu vergleichsweise günstigen Preisen. Und: Der Erdgas-Fahrer kennt weder Reichweitenangst noch sonstige Einschränkungen und ist unter idealen Bedingungen sogar noch klimaneutral unterwegs.
Nur wenige Erdgas-Modelle erhältlich
Eines der größten Probleme des Erdgasantriebs jedoch: Es gibt bisher keine große Modellauswahl. VW hat den Caddy Maxi und den eco up! im Programm. Auch Opel bietet eine CNG-Variante für Astra und Zafira. Und auch Fiat ist noch mit dem 500L, Doblò und Panda dabei. Einer der wenigen Hersteller mit einer nennenswerten Erdgas-Flotte ist Seat. Nach dem Leon und dem Kleinstwagen Mii startet die spanische VW-Tochter ab sofort den Ibiza mit CNG-Antrieb. Ende des Jahres soll außerdem der Arona als erstes Erdgas-SUV folgen.
Das jüngste Mitglied der iberischen Erdgas-Offensive wird von einem 1.0-TSI-Dreizylinder angetrieben, der mit 90 PS Leistung via Fünf-Gang-Schaltgetriebe bis zu 180 km/h erreicht. Ebenso schnell wie sein Benziner-Pendant mit 95 PS, der in puncto Beschleunigung etwas besser ist. Der leicht zähere Antritt macht sich beim Ampel-Start zwar bemerkbar, fällt während der Fahrt aber kaum ins Gewicht. Auch der aktuelle Betriebsmodus des sowohl mit Erdgas wie Benzin laufenden Motors ist weder zu hören noch zu spüren. Das bivalente Triebwerk startet, Temperaturen über 10 Grad vorausgesetzt, immer mit CNG und schaltet erst auf Benzin um, wenn die 13 Kilogramm fassenden Erdgastanks leer sind. Die Umstellung passiert unmerklich und ist nur im Kombiinstrument zu erkennen. Zusammen mit der knapp 40 Liter großen Benzinreserve sollen so bis zu 1300 Kilometer ohne Tankstopp möglich sein.
Der Kofferraum schrumpft, die Reichweite steigt beim Erdgas-Ibiza
Auch im Innenraum muss der CNG-Fahrer nicht auf den gewohnten Komfort verzichten. Einzige Einschränkung: Das Kofferraumvolumen wird durch die verbauten Erdgastanks von 355 auf 262 Liter (maximal 1165 zu 1072 Liter) beschnitten. Damit ließe sich vielleicht noch leben. Wohl überlegt sein will da schon eher der höhere Anschaffungspreis, kostet doch der Ibiza 1.0 TGI zu Preisen ab 17.555 Euro im Vergleich zum reinen Benziner (15.515 Euro) im Schnitt 2000 Euro mehr. Dafür muss man etwa 40.000 Kilometer fahren, bis sich der Preis amortisiert. Dieser ist immerhin bis 2026 weiterhin steuerlich subventioniert. Außerdem besitzt ein Kilogramm Erdgas im Vergleich zu einem Liter Super-Benzin etwa anderthalbmal so viel Energie und verbrennt dazu effizienter. In der Praxis, so Seat, seien Einsparungen von 55 Prozent im Vergleich zum Benzinbetrieb und 30 Prozent im Vergleich zum Diesel möglich. Wobei der vergleichbare Selbstzünder Ibiza 1.6 TDI mit 95 PS in der Anschaffung immer 1200 Euro mehr kosten würde.
Vorteile der Erdgas-Fahrzeuge: Weniger Stickoxide und kaum Rußpartikel
Doch neben den Betriebskosten glänzt der Erdgasantrieb vor allem mit seiner hervorragenden Umweltbilanz. CNG besteht zum größten Teil aus Methan sowie anderen Kohlenwasserstoffen, die nur geringe Anteile von Stickstoff und Kohlendioxid enthalten und so weitestgehend sauber verbrennen. So emittieren CNG-Motoren im Vergleich zu anderen Verbrennern bis zu 25 Prozent weniger CO2 und bis zu 95 Prozent weniger Stickoxide (im Erdgasbetrieb sind es beim Ibiza TGI nur 14,4 mg/km). Noch dazu werden im direkten Vergleich mit einem Diesel 50 Prozent weniger, verglichen mit einem Benziner 99 Prozent weniger Rußpartikel ausgestoßen. CNG ist außerdem als regenerativer Energieträger verfügbar. Einerseits in Form von Bio-Erdgas, gewonnen aus biologischen und organischen Abfällen. Andererseits als synthetisches Methan, das im Zuge des „Power-to-Gas“-Verfahrens, bei dem überschüssiger Windstrom zur Gaserzeugung genutzt wird, eine vollwertige und komplett klimaneutrale Alternative darstellt. Die CNG-Fahrzeuge von Seat erfüllen aktuell die Abgasnorm Euro 6b, ab dem Modellwechsel im Sommer Euro 6d-TEMP. Egal was Gerichte, Politiker oder die EU entscheiden, damit blieben sie wohl in absehbarer Zukunft von möglichen Fahrverboten verschont.