24.06.2022

Nachrüsten übers Internet – "Functions on Demand" im Auto

Ein Auto kaufte man lange Zeit fertig ausgestattet. Heute lassen sich einzelne Extras auch im Nachhinein online ordern und freischalten.

Von Smarthone-Apps, PC-Software und Videospielekonsolen kennt man Upgrades und Zusatz-Content schon lange. Nun zieht das digitale Geschäftsmodell auch immer stärker ins Auto ein.

Dank ständiger Internet-Verbindung lassen sich nicht nur Software-Dienste und Spiele, sondern sogar Assistenten und erweiterte Fahrfunktionen nach Kauf und Auslieferung an Bord bringen. Das Angebot an digitalen Extras wächst stetig.

Vor allem Elektromodelle profitieren von hoher Vernetzung

Jedes neue Auto rollt heute mit Online-Anbindung auf die Straße. Vor allem Elektromodelle sind längst hochvernetzt. Mercedes etwa bietet für sein neues Batterie-Flaggschiff EQS ganze Individualisierungs-Pakete an.

Ladestopps im Mercedes EQS spielend überbrücken

Das neueste bietet als Bestandteil unter anderem das klassische Klötzchen-Spiel Tetris, das dann beispielsweise während des Ladens auf dem großen Bordbildschirm gespielt werden kann. Außerdem sind die Retro-Mini-Games Sudoku, Pairs und Shuffle Puck in dem per Mobilfunk im Auto aufgespielten Software-Paket enthalten.

Sogar das Motorengeräusch kann man ändern

Obendrauf gibt es einen alternativen Motorsound für den Fahrgeräusch-Generator, der die Bezeichnung „Roaring Pulse“ trägt. Das komplette Individualisierungspaket ist für die ersten zwölf Monate kostenlos, für jedes weitere Jahr werden 89 Euro fällig.

Bezahlen direkt im Auto mit "Mercedes Pay"

Bezahlt werden kann direkt aus dem Auto heraus. Mercedes bietet dazu auch seinen Payment-Dienst „Mercedes Pay“ an, der den Fingerabdruck zur Identifizierung direkt über die Fahrzeug-Hardware scannt.

Der Zugang muss umkompliziert sein

Eine niedrige Zugangsschwelle ist entscheidend für die Akzeptanz des Dienstes. Wer sich vor dem Download erst umständlich akkreditieren muss, verzichtet im Zweifel auf den Kauf. Gerade bei kleineren Extras und Spielereien.

Mercedes möchte die Auswahl der Zahlungsdienstleister erweitern

„Für das In-Car-Payment arbeiten wir aktuell mit Visa zusammen. Aber wir sind dabei, auch alle anderen Zahlungsdienstleister mit aufzunehmen“, stellt Franz Reiner, Vorstandschef von Mercedes-Benz Mobility in Aussicht. Die Konzerntochter kümmert sich unter anderem um die neuen Zahlungsdienstleistungen, die nicht nur für die Schwaben immer wichtiger werden.

Auch Assistenzsysteme lassen sich nachrüsten

Neben Gaming- und Sound-Paketen gibt es aber auch „ernsthaftere“ online aktivierbare Extras, etwa die Freischaltung von speziellen Fahrprogrammen für Fahranfänger oder Funktionserweiterungen für die Sprachsteuerung.

Doch das Angebot geht noch weiter: Längst sind auch Funktionen wie der adaptive Fernlichtassistent oder eine Einpark-Fernsteuerung per nachträglichem Download zu haben.

Übrigens: Ab 6. Juli 2022 werden mehrere Assistenzsysteme für neue Fahrzeugtypen obligatorisch - welche das sind, erläutern wir auf unseren Ratgeber-Seiten rund ums Verkehrsrecht.

Voraussetzung ist die notwendige Hardware

Das geht natürlich nur, wenn die nötige Hardware von Beginn an im Fahrzeug ist. Kunden erwerben dann ein Produkt mit theoretisch maximalem Leistungsumfang, der jedoch per Software künstlich beschnitten wird.

Die Anzahl der buchbaren Optionen steigt

Nur wer nachzahlt, kann bestimmte Optionen anschließend nutzen. Je nach Anbieter und Zahlungsbereitschaft entweder dauerhaft oder für einen definierten Zeitraum. Fast zwei Dutzend unterschiedliche Download-Dienste oder Extras bietet der „Mercedes Me“-Store aktuell. Tendenz steigend.

Tesla bietet Zusatzfunktionen bereits seit Jahren an

„Functions on Demand“ sind in der Autobranche nichts Neues. So bot Tesla sein E-Auto Model S zwischen 2016 und 2017 in der Basisversion S60 an, die sich vom teureren S75 lediglich durch eine geringere Reichweite unterscheidet. Der Akku war in beiden Fällen aber der gleiche, nur wurde er beim S60 gedrosselt.

Mehr Akkuspeicher gegen Aufpreis

Wer einen größeren Energievorrat wollte, konnte die Software-Sperre gegen Nachzahlung des Differenzbetrags zum S75 lösen – musste aber zusätzlich einen „Verspätungszuschlag“ von 500 Dollar zahlen.

Was die deutschen Autohersteller bieten

Bei der deutschen Konkurrenz ist das Preismodell mittlerweile differenzierter und flexibler.

  • Mercedes-Benz bietet den adaptiven Fernlichtassistenten  für 60 Euro pro Jahr an, wer gleich für die übliche Leasing-Dauer von drei Jahren ordert, zahlt 159 Euro.
  • Audi verlangt für die Freischaltung des LED-Matrixlichts 258 Euro im Jahr, 700 Euro für drei Jahre oder rund 1.300 Euro für alle Zeiten.
  • Porsche arbeitet stark mit Schnupperpreisen: Wer den Spurhalteassistenten runterlädt, zahlt die ersten drei Monate nichts. Danach werden 20 Euro pro Monat oder einmalig 830 Euro fällig. Auch solche Tarifmodelle sind die Verbraucher von Smartphone, Streamingdiensten und Co. gewohnt.

On-Demand-Features sollen Basisfunktionen ergänzen, nicht ersetzen

Probleme bei der Akzeptanz für das neue Bezahlmodell befürchten die Hersteller nicht. Basisfunktionen des Fahrzeugs bleiben weiterhin Standard betont man, buchbar sollen vor allem neue Technologien und Unterhaltungsangebote sein.

Kunden sehen die Zusatzangebote positiv

In Befragungen und Studien habe die Kundschaft positiv reagiert, betont man etwa bei Audi in Ingolstadt. Viele Befragte nehmen die Online-Upgrades analog zum klassischen Zubehör-Programm als weitere Individualisierungsmöglichkeiten für ihr Auto wahr.