28.01.2019

Alkohol-Interlocks – Nüchtern ans Steuer

Alkohol ist Ursache für viele schwere Unfälle. Eine Alkohol-Wegfahrsperre könnte Betrunkene am Losfahren hindern. Derzeit ist das Alkohol-Interlock nur eine freiwillige Maßnahme.

Schon eine Fahrt unter Alkohol kann den Ruin bedeuten. Wer erwischt wird, muss in der Regel den Führerschein abgeben. Das wird nicht nur teuer, sondern kann auch den Arbeitsplatz kosten. Ab 1,1 Promille am Steuer kann der Führerschein sogar für bis zu fünf Jahre entzogen werden. „Üblich sind aber meist zwölf Monate“, sagt Don DeVol, Leiter des Instituts für Verkehrssicherheit beim TÜV Erfurt. In Deutschland ist eine neue Rechtslage im Gespräch, die es Richtern ermöglichen würde, statt eines Führerscheinentzugs auch die Installation eines Alkohol-Interlocks anzuordnen.

So funktioniert ein „Alkolock“

Das System funktioniert relativ einfach. Sobald der Fahrer die Zündung einschaltet, fordert ihn das Gerät zur Abgabe eines Atemtests auf. „Gepustet“ wird in das flexible Handteil. Nur wenn die Atemluft frei von Alkohol ist, wird der Anlasser freigegeben. Andernfalls registriert das Gerät einen „Fehlversuch“ und hält Promille und Uhrzeit fest. Auch wenn ein Fahrer die Atemprobe verweigert, wird das im Speicher aufgezeichnet.

Technik verhindert Betrugsversuche

Manipulationsversuche sind schwer möglich, die modernen Geräte sind kaum zu überlisten. Denn sie „merken“, ob sie per Luftballon oder Luftpumpe ausgetrickst werden sollen. Gemessen wird nicht nur die Temperatur der Luft, sondern auch das Atemvolumen, damit beispielsweise keiner auf die Idee kommt, Kinder zum Pusten zu überreden. Doch wie ist es zu verhindern, dass ein Beifahrer pustet? „Wir schätzen die Wahrscheinlichkeit eines Betruges als gering ein“, sagt Christian Kellner, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Verkehrssicherheitsrats (DVR). „Wer mitmacht, möchte ja etwas an seinem Verhalten ändern“, so der Experte. Zudem können die Geräte speziell eingestellt werden, so dass sie während der Fahrt Wiederholungstests anfordern. In diesem Fall müsste ein nüchterner Beifahrer während der ganzen Fahrt neben dem alkoholisierten Fahrer sitzen bleiben. Freiwillig macht so etwas niemand!

Der Einsatz von Alkolocks sollte durch psychologische Betreuung begleitet werden

„Es reicht aber nicht, den Tätern technisch den Hahn für einige Zeit abzudrehen“, sagt Diplom-Psychologe DeVol. Denn Studien aus dem Ausland hätten gezeigt, dass die Fahrer nach dem Ausbau der Alkohol-Wegfahrsperre sich in fast gleichem Umfang wieder beduselt ans Steuer setzen würden. DeVol: „Wir müssen die Technik mit regelmäßigen psychologischen Gesprächen begleiten. Dann erzielen wir Wirkung.“ Auch hier zeigten wissenschaftliche Untersuchungen, dass über 90 Prozent nicht mehr rückfällig werden. Schon 2014 hatte die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) festgestellt, dass ein Programm Alkohol-Interlock in Kombination mit einer Rehabilitationsmaßnahme „eine sinnvolle Ergänzung des bestehenden Maßnahmensystems in Deutschland ist“.

Der Promille-Grenzwert zur Teilnahme an der MPU muss gesenkt werden

Wie der ACE spricht sich auch Psychologe und TÜV-Experte De Vol für ein Pilotprojekt in Deutschland aus, das die praktische Wirkung von Alkohol-Interlock plus psychologischer Betreuung zeigen soll. Als wichtigste Zielgruppe gelten Autofahrer, die mit Werten von 1,1 bis 1,59 Promille am Steuer erwischt wurden. Diese Gruppe – mit eindeutig schwerem Alkoholproblem – muss nach geltendem Recht nicht zur Medizinisch-Psychologischen Untersuchung (MPU). DeVol will die Schwelle der im Volksmund als Idiotentest bezeichneten Betreuung nach unten ziehen.

In Österreich gibt es bereits ein Resozialisierungsprogramm mit Alkolocks

Für die Täter wäre das eine dreifache Chance. Sie können nach der halben Sperrzeit wieder fahren, haben dann die Sicherheit, dass sie keine Trunkenheitsfahrt mehr begehen können, und ihre Einstellung zum Alkohol verändert sich positiv. Dafür müssen sie aber einen Batzen Geld in die Hand nehmen. Denn nach dem Pilotprojekt würden in einem realen Programm für rund sechs Monate rund 2200 Euro extra auf den Teilnehmer zukommen. Das sind die Kosten für den Ein- und Ausbau des Geräts, seiner Miete und der Beratung. Das zeigen Erfahrungen aus Österreich, wo ein Resozialisierungsprogramm mit Alkohol-Wegfahrsperre schon existiert. Bis Alkohol-Interlock-Systeme in Deutschland Einzug halten, dürfte es noch ein Weilchen dauern, obwohl eine diesbezügliche Forderung im Koalitionsvertrag steht.

ACE fordert Pilotversuch

Eine Alkohol-Wegfahrsperre kann gegen Alkoholunfälle ein wirksames Instrument sein. Denn sie verhindert technisch, dass alkoholisierte Autofahrer überhaupt losfahren können. Fraglich bleibt aber, ob man mit dem System und zusätzlicher psychologischer Betreuung wirklich eine langfristige Verhaltensänderung erzielen kann, damit die Betroffenen wieder ganz normal am Straßenverkehr teilnehmen können. Daher fordert der ACE – ebenso wie der Verkehrsgerichtstag – einen Pilotversuch, um festzustellen, unter welchen Rahmenbedingungen das Alkohol-Interlock besonders wirksam ist. Darüber hinaus begrüßt der ACE die Empfehlung des Verkehrsgerichtstages, zur Prävention europaweit verpflichtend Alkohol-Interlock-Geräte im gewerblichen Personen- und Güterverkehr einzubauen.