24.02.2016

Digitale Vernetzung – Ford-Chef im Interview

Der Trend zu vernetzten und selbstfahrenden Fahrzeugen bringt der Autobranche neue Herausforderungen und Rivalen. Ford-Chef Mark Fields sprach mit der dpa am Rande der Mobilfunk-Messe Mobile World Congress in Barcelona über die Aussichten für eine Partnerschaft mit Google, den Umgang mit Nutzer-Daten und die Marktaussichten für E-Autos.


dpa: Herr Fields, Autos werden vernetzt und sind in absehbarer Zukunft automatisiert auf den Straßen unterwegs. Damit betreten IT-Unternehmen den Markt der Autobranche. Wie will Ford die Kontrolle behalten?

Mark Fields: Wir werden uns sehr stark auf das Kerngeschäft als Autobauer konzentrieren, und gleichzeitig an Technologien für vernetzte und selbstfahrende Fahrzeuge arbeiten sowie an Diensten wie Carsharing oder Daten- Auswertung. In einigen Fällen werden wir das allein machen, in anderen mit Partnern. Aber wir müssen immer einen eigenen Weg finden, damit die Kunden Ford als Marke erkennen.

dpa: Können Sie sich vorstellen, auf die Erfahrungen zurückzugreifen, die Google bei seinen Roboter-Autos gesammelt hat?

Mark Fields: Wir haben einen klaren Plan bei selbstfahrenden Autos. Wir entwickeln eine Plattform für autonome Fahrzeuge sowie die Software, die Daten von Sensoren verarbeitet uns als Gehirn des Autos die Steuerung übernimmt. Wir arbeiten schon seit über einem Jahrzehnt daran und werden darauf aufbauen. Unabhängig davon sind wir immer offen für Gespräche mit anderen.

dpa: Ist Technologie von Google dann so etwas wie ein «Plan B»?

Mark Fields: Wir sprechen mit vielen verschiedenen Unternehmen. Wir haben unser eigenes Entwicklungs-Programm - aber zugleich werden wir immer mit anderen reden und schauen, wohin das führen kann.

dpa: Zugleich heißt es heute oft, mehr Menschen wollen die Autos nicht besitzen, sondern nur nutzen - wird es ihnen dann nicht egal sein, im Fahrzeug welcher Marke sie gerade unterwegs sind?

Mark Fields: Wir wollen dafür sorgen, dass ein Ford sich auch schon bei der Nutzung über die neuen Mobilitätsdienste abhebt. Es geht nicht nur um das Auto als Produkt, sondern um das gesamte Erlebnis und wie wir Verbraucher dafür belohnen, dass sie unsere Kunden sind.

dpa: Aber haben Sie keine Angst, dass dabei wertvolle Daten bei den neuen Player aus der Tech-Branche landen und sie Ihnen damit das Geschäft wegschnappen werden?

Mark Fields: Dass Autos ein Teil des Internets der Dinge werden, sehen wir zunächst einmal als große Chance. Und für uns ist klar, dass die Daten den Kunden gehören und sie uns erst die Erlaubnis geben müssen, sie zu nutzen. Wir wollen ihnen dann etwas dafür bieten, was ihr Leben besser oder sicherer macht. Das kann uns auch Geschäft bringen. Wir finden diese Daten also sehr wichtig und wollen sie schützen.

dpa: Schützen vor wem?

Mark Fields: Von bösen Leuten, die sich diese Daten holen und etwas damit machen wollen.

dpa: Die Überlegungen bei einigen Ihrer Rivalen gehen bis hin zum Auto, das selbst zum Arzt fährt, wenn es merkt, dass der Fahrer krank wird. Gibt es bei Ihnen auch solche Gedankenspiele?

Mark Fields: Das sind keine Gedankenspiele. Wir forschen an Wearables, mit denen das Auto in der Lage sein wird, ihren Gesundheitszustand zu überwachen. Alles kommt auf eine Frage zurück: Warum entscheidet man sich für einen Ford? Aber wir müssen uns dabei auf einzelne Ideen fokussieren, bevor man viele Sachen macht - aber nicht besonders gut.
 
dpa: Ihre Branche hat nicht die höchsten Margen, aber jetzt müssen sie zusätzlich zur klassischen Autoproduktion auch in Online-Dienste sowie selbstfahrende und elektrische Autos investieren. Wird die Belastung nicht zu hoch?

Mark Fields: Ja, die Margen stehen in einigen Geschäftsbereichen unter Druck. Und es bleibt die Frage, wie viel die Kunden für technische Neuerungen zu bezahlen bereit sind. Aber zum Beispiel werden die neuen Mobilitätsdienste weniger Kapital als unser bisheriges Kerngeschäft erfordern. Und sie können stabile Nutzungs-Erlöse bringen, die von Produktzyklen unabhängig sind.

dpa: Studien prognostizieren, dass mit selbstfahrenden Fahrzeugen die Autoverkäufe stark zurückgehen werden. Ist das eine Zukunft, auf die Sie sich vorbereiten?

Mark Fields: Es zeichnet sich ab, dass die Autodichte in Städten abnehmen wird, vielleicht auch wegen der Regulierung. Ich glaube aber, es ist noch zu früh, zu sagen, was die Folgen des Wandels sein werden. Man könnte auch argumentieren, die Autos werden dann mehr genutzt - und das könnte sogar gut für die Industrie sein.

dpa: Die Industrie steckt viel Geld in die Entwicklung von Elektroautos - aber der niedrige Ölpreis animiert Verbraucher nicht gerade zum Umstieg. Wie geht das weiter?

Mark Fields: Es ist gerade eine Herausforderung. Mit den aktuellen Spritpreisen sind die Verbraucher nicht bereit, den Aufpreis für Elektroautos zu bezahlen. Aber es ist klar, dass wir mehr elektrische Fahrzeuge ins Programm nehmen müssen, um die Anforderungen der Regulierer zu erfüllen. Aber es muss einen permanenten Dialog mit ihnen geben, bei dem es auch um Auswirkungen auf Kosten für Verbraucher und Folgen für Jobs gehen sollte.