30.08.2018

Kennzeichenklau - Die miese Nummer mit dem Schild

Jedes Jahr werden in Deutschland rund 100.000 Nummernschilder geklaut. Bei dem einen Diebstahl bleibt es meist nicht, die fremden Kfz-Kennzeichen werden für weitere Straftaten verwendet.

„Papa, unser Nummernschild ist weg!“ Mit diesem erschrockenen Ausruf der 13-jährigen Tochter war für Familie Richter aus München der Urlaub auf Rügen auf einmal gar nicht mehr erholsam. Denn die eilig herbeigerufenen Polizeibeamten untersagten nicht nur die Weiterfahrt, sie mussten der geschockten Familie auch beibringen, dass sie so schnell auch kein Ersatznummernschild bekommen könnten, das gibt es nämlich nur bei der Zulassungsstelle am Hauptwohnsitz. So musste der Familienvater mit dem Zug nach München fahren, dort auf die Zulassungsstelle gehen und mit den neuen Kennzeichen wieder nach Rügen kommen. Erst dann war die vierköpfige Familie endlich wieder automobil.

Kennzeichenklau dauert nur Sekunden

Für Diebe ist ein Kennzeichenklau eine Sache von Sekunden, da heutzutage Nummernschilder in Deutschland standardmäßig nur noch gesteckt statt geschraubt werden. „Wenn einer ein Schild klauen will, macht er das so oder so. Wenn es nicht festgeschraubt ist, macht der Dieb wenigstens nicht noch was kaputt“, heißt es lapidar in einem Autohaus. Michael Zielaskow von der Gewerkschaft der Polizei schlägt bei solchen Aussagen nur die Hände über dem Kopf zusammen. „Das ist Quatsch! Natürlich muss man es dem Dieb so schwer wie möglich machen. Im Zweifelsfall geht er ein Auto weiter, wo das Nummernschild wieder nur gesteckt ist.“ Seiner Meinung nach gibt es nur eine Situation, in der der Kennzeichendieb zuschlägt, obwohl Schrauben die Tat erschweren: „Wenn es eine Ziffern-Nummer-Kombination ist, die jemand unbedingt haben will, dann nützen die besten Schrauben nichts.“ Ansonsten ist ein Nummernschild nur Mittel zum Zweck, eines taugt so gut wie das andere.

Gestohlenes Kennzeichen wird für Straftaten genutzt

Denn der Kennzeichendiebstahl ist nur der Auftakt für weitere Straftaten. Dabei ist es nur in ganz wenigen Fällen der spektakuläre Bankraub. Viele Diebe haben es beispielsweise auf die gültige HU-Plakette abgesehen, mit der dann Schrottautos scheinbar legal weiterhin im Straßenverkehrs unterwegs sind.

Mehr Spritdiebstahl an Tankstellen

Die meisten gestohlenen Kennzeichen werden aber für den Spritdiebstahl an Tankstellen benutzt. Tendenz: steigend. Denn je höher die Spritpreise, desto mehr Autofahrer verzichten aufs Bezahlen. Ein Rekordjahr war 2013, laut polizeilicher Kriminalstatistik haben 91.578 Autofahrer ihre Tankrechnung nicht bezahlt. In den beiden vergangenen Jahren waren es „nur“ jeweils gut 70.000. Doch wie viele davon mit einem gestohlenen Kennzeichen unterwegs waren, darüber gibt die Statistik keine Auskunft. Dieser Diebstahl wird auch nicht gesondert erfasst, sondern fällt unter die Rubrik „Diebstahl von Kfz-Teilen“. Seriöse Schätzungen gehen aber von rund 100.000 Fällen pro Jahr aus.

Für die Besitzer ist das nicht nur ärgerlich, sondern kann auch richtig teuer werden. Nämlich dann, wenn wie bei Familie Richter der Kennzeichenklau im Urlaub passiert. ACE-Justiziar Hannes Krämer kann sogar von einem Fall berichten, bei dem das Nummernschild in Russland gestohlen wurde. Der bestohlene Autofahrer musste nach Deutschland fliegen und ein neues Kennzeichen besorgen.

Bei Kennzeichendiebstahl sofort Polizei rufen

Wer Opfer eines solchen Diebstahls wird, muss umgehend die Polizei benachrichtigen. Dabei sollte aber niemand auf die Idee kommen, mit dem Auto zur Polizeiwache zu fahren – ohne amtliches Kennzeichen ist das strikt verboten! Der nächste Schritt führt zur Zulassungsbehörde am Hauptwohnsitz des Fahrzeughalters. Dabei werden folgende Unterlagen benötigt: das zweite Kennzeichen, falls nur eines gestohlen wurde; Personalausweis oder Reisepass (oder eine Vollmacht, falls ein Dritter das neue Kennzeichen beantragt); die Zulassungsbescheinigungen Teil I (Fahrzeugschein) und II (Fahrzeugbrief); die Original-Bescheinigung über die letzte Hauptuntersuchung sowie eine Diebstahlsanzeige der (deutschen) Polizei.

Gestohlenes Nummernschild bleibt zehn Jahre gesperrt

Nur wer das alles beisammenhat, erhält ein neues Kennzeichen – mit einer anderen Ziffern-Nummer-Kombination. Denn das gestohlene Nummernschild bleibt zehn Jahre lang zur Fahndung ausgeschrieben. Für das neue Kennzeichen werden rund 100 Euro fällig, denn auch Fahrzeugschein und -brief müssen neu ausgegeben werden. Auch eine Info an die Versicherung sollte man nicht vergessen.

Familie Richters erste Fahrt mit den neuen Schildern führte übrigens in eine Werkstatt, wo diese sicher angeschraubt wurden. Das hat nur unwesentlich länger gedauert als der Diebstahl.

Schauen Sie sich auch das Video zu diesem Thema an.