10.09.2018

Moderne Mobilität – Autonom fahrender Bus in Lahr

Dieses Jahr hat meine Heimatstadt Lahr noch mehr zu bieten als sonst. Es findet dort nicht nur die Landesgartenschau statt, es fährt auch ein autonom fahrender Bus auf öffentlichen Straßen, der erste in Baden-Württemberg. Als ich meine Eltern besucht habe, musste ich das natürlich sofort ausprobieren. Auf zur Bushaltestelle!

Die Türen schließen sich, ein Klingeln ertönt und der Bus setzt sich sanft und leise in Bewegung. Im Innenraum: vier Fahrgäste und ein Kinderwagen. Was fehlt: Lenkrad, Gaspedal und Fahrer. Dafür fährt ein Begleiter mit, der während der Fahrt gerne Auskunft über den autonomen Bus und die bisherigen Erfahrungen damit gibt.

Ein Begleiter ist immer dabei

Der Bus fährt gemütlich über eine nur wenig befahrene Seitenstraße. Er blinkt und biegt rechts ab. Dabei fährt er auffallend exakt um die Kurve. Noch ein Stück, dann wir es interessant. Einbiegen auf eine der Hauptverkehrsstraßen von Lahr. Hier ist seit Menschengedenken Tempo 50, für den autonomen Bus wurde extra für diesen Zeitraum ein Abschnitt auf 30 begrenzt.

Die Autos rauschen vorbei, der Bus hält, blinkt und wartet auf eine Lücke im Verkehr. Nun greift der Begleiter ein und gibt auf einer Art Tablet, das mit vielen Kabeln mit dem Bus verbunden ist, die Freigabe zum Einbiegen. Er erklärt, dass aus Sicherheitsgründen hier ein Stopp einprogrammiert ist. So ganz autonom klappt es wohl doch noch nicht.

Auf der Hauptverkehrsstraße unterwegs

Ich bin gespannt, denn jetzt sollte es richtig losgehen, mitten im Verkehr. Aber schon überholt uns das erste Auto. Und noch eins. Der Bus könnte 40 h/km fahren, darf aber nur 15. Eine ganze Kolonne an Fahrzeugen zieht an dem langsam dahinzuckelnden Bus vorbei und jedes schert kurz vor dem Bus wieder ein. Dieser erkennt jedes Auto als Hindernis und bremst sachte ab. So hatte ich mir das Fahren im echten Verkehr nicht vorgestellt.

Der Bus fährt auch hier exakt im gleichen, geringen Abstand zum Bordstein. Und somit zum größten Teil auf der Fahrradspur. Er ist ja auch nur wenig breiter als diese. Dadurch sieht es leider so aus, als würde er auf einer eigenen Spur fahren. Fühlt sich nicht so richtig nach echtem Straßenverkehr an.

Alle Mitfahrer blieben entspannt

An der Bushaltestelle hält der Bus und öffnet die Türen. Es wollen sechs Personen einsteigen. Es dürfen aber nur sechs Personen befördert werden, und nur sitzend, aus versicherungstechnischen Gründen. Da schon vier Plätze besetzt sind, steigt nur eine Frau mit einem 7-jährigen Jungen zu. Die Vierergruppe muss warten, bis der Bus bei der nächsten Runde wieder vorbei kommt. Auch sie möchten einfach nur eine Runde fahren, um den autonomen Bus zu erleben und warten gerne. Der Junge findet die Fahrt total spannend und klettert aufgeregt auf seinem Sitz herum. Vor allem, um auch mal über die Rückenlehne in Fahrtrichtung schauen zu können. Unsicher weil der Fahrer fehlt ist er auf jeden Fall kein bisschen.

Auch der Kreisverkehr wird gemeistert

Jetzt müsste es aber wirklich spannend werden. Ein Kreisverkehr kommt in Sicht. Der Bus nähert sich, bremst ab, bleibt stehen und lässt die Autos im Kreisverkehr durchfahren. Eine Lücke tut sich auf, in die man als Autofahrer gefahren wäre. Auch der Bus fährt los, allerdings so langsam, dass ein gegenüber in den Kreisverkehr eingefahrener Mercedes schon bei uns ist, bevor der Bus sein Rad in den Kreis setzen konnte. Doch von wegen eingebaute Vorfahrt – der Mercedes-Fahrer hält und lässt den Bus in den Kreisverkehr einbiegen. Nett von dem Fahrer, aber wieder nicht das, was ich mir unter fahren im echten Verkehr vorgestellt hatte.

Sanfte Reise

Immerhin: So sanft bin ich noch von keinem öffentlichen Verkehrsmittel transportiert worden. In Bus und Bahn muss man sich zwangsläufig festhalten, wenn man stehend reist. Wäre hier nicht nötig gewesen. Aber stehen ist ja nicht erlaubt. Insgesamt fand ich die Fahrt erstaunlich unspektakulär. Ein kleines Gefährt mit wenigen Gästen, das langsam und elektrisch-lautlos auf einer festgelegten Strecke im Kreis unterwegs ist – das kenne ich aus dem Europa-Park, der von Lahr nicht weit entfernt liegt. Vielleicht fehlte das „echte“ Fahrgefühl, weil es kein normal großer Linienbus gewesen ist, sondern eher ein kleines Spielzeug, das so ganz anders aussieht als die gewohnten Fahrzeuge. Vor allem hätte der Bus mit 50 Sachen unterwegs sein müssen wie seine „bemannten“ Kollegen, die für die SWEG im Einsatz sind.

Und was hält die jüngste Mitfahrerin vom autonomen Fahren?

Meine Tochter (16 Monate) fand die Fahrt im autonomen Bus neutral bis langweilig. Bei der Fahrt mit dem Gelenkbus letztens (Diesel, mit Fahrer) wurde man so schön auf und ab geschaukelt, das hat ihr besser gefallen. Dass sie gerade einen großen Schritt zur modernen Mobilität miterlebt hat, war ihr ganz sicher nicht klar. Wahrscheinlich wird sie in meinem Alter eher eine Fahrt im Diesel-Bus mit Fahrer als abenteuerlich und spannend empfinden, weil autonome Busse dann längst Alltag sind.