28.06.2017

Versicherung – Schutz fürs Bike

Radler sollten die Absicherung für ihren Drahtesel prüfen. Oft dürfte die Versicherung nicht ausreichen oder nur mageren Schutz bieten.

Die Diebe kamen am helllichten Tag. Und sie wussten ganz genau, was sie wollten. „Gleich zwei Stahltüren wurden aufgebrochen, um in unseren Keller zu kommen“, sagt Reiner Vollmer (Name von der Redaktion geändert) aus Düsseldorf. Abgesehen hatten es die Diebe auf Fahrräder. Und zwar auf ganz spezielle. Im privaten Keller standen nämlich zwei E-Bikes. Überraschenderweise hatten die Diebe aber nur das rund 3200 Euro teure Herrenrad entwendet. Zu seinem Glück hatte Vollmer das Rad direkt beim Händler zusätzlich versichert.

Solche Zweiradversicherungen direkt an der Ladentheke boomen angesichts der hohen Kosten, nicht nur für E-Bikes, und der Diebstahlzahlen. 2016 wurden fast 330.000 Räder in Deutschland gestohlen. Solch ein spezieller Radschutz ist aber nicht zwingend notwendig, weil die eigene Hausratversicherung „aufgemotzt“ werden kann. Bei klassischen Hausratversicherungen sind Fahrräder in der Regel gar nicht oder nur mit einer kleinen Summe abgesichert. Bei hochwertigen Tarifen sind sie mit rund zwei Prozent des Hausratschutzes eingeschlossen. „Pro Quadratmeter sollte man einen Schutz von mindestens 650 Euro abschließen, damit die Assekuranz bei einem hohen Schaden keine Einwände wegen Unterversicherung erhebt“, erläutert Johannes Brück, Versicherungsmakler aus Düsseldorf. Bei einer 100-Quadratmeter-Wohnung liegt der Radschutz daher im besten Fall bei 1300 Euro. Viel zu wenig für moderne Räder, vor allem für E-Bikes.

Hausratversicherung ist günstiger

Zudem besteht ja immer die Gefahr, dass aus dem Keller oder bei einer Fahrradtour gleich mehrere Räder einer Familie gestohlen werden. „Wer ein teures Rad fährt, sollte daher seinen Fahrradschutz in der Hausrat auf fünf Prozent der Versicherungssumme erhöhen“, rät Brück. Da das oft die Grenze ist, könne man notfalls die Absicherung zusätzlich über die Erhöhung der Gesamtsumme weiter nach oben treiben. Das kommt oft noch deutlich günstiger als eine spezielle Fahrradversicherung.

So liegt der Aufschlag für einen hohen Radschutz von 5000 Euro in der Hausratpolice je nach Versicherer zwischen 30 und 60 Prozent, wie eine Auswertung aus der Datenbank des Analysehauses Innosystems zeigt. Das hört sich viel an. Bei günstigen Hausratanbietern sind das aber weniger als 100 Euro pro Jahr. Demgegenüber muss man für spezielle Fahrradpolicen für die Absicherung von 5000 Euro zwischen 300 und fast 1000 Euro pro Jahr zahlen. Anbieter solcher Versicherung sind beispielsweise Ammerländer, Allianz, ARAG, Enra, Ergo sowie die Wertgarantie. Über die kleine Waldenburger Versicherungen bietet der Versicherungsmakler Krist aus Pfarrkirchen erstmals einen sehr günstigen Extra-Fahrradschutz an.

Das Besondere an den Extra-Policen: Sie versichern auch Reparaturen, soweit die Schäden nicht auf Verschleiß beruhen. Somit gibt es für sehr hochwertige Bikes Schutz gegen Sturzschäden oder Vandalismus. Teilweise wird auch nach Pannen ein Pick-up-Service angeboten, bei dem der Radler samt Zweirad an den Ausgangspunkt seiner Tour oder in eine nahe gelegene Werkstatt gebracht wird. Außerdem gibt es einen Technik-Schutz für Akku-Defekte und Elektroschäden bei E-Bikes.

Neuwert wird von der Hausratversicherung ersetzt

Während Hausratversicherungen für alle Zweiräder der Familie den Neuwert leisten und die Entschädigung in Geld auszahlen, muss man bei speziellen Fahrradversicherungen meist ein neues Fahrrad kaufen oder eine Reparatur beim Händler nachweisen. Zudem sind die Spezialanbieter beim Diebstahl sehr streng. Sie schreiben beispielsweise ein hochwertiges Schloss vor, das mehr als 50 Euro kosten muss. Wird das Rad gestohlen, muss der Kunde nicht nur die Rechnung des Bikes, sondern auch des Schlosses der Versicherung vorlegen. Hausratversicherungen sind hier deutlich lockerer. Sie verlangen meist nur, dass das Rad mit einem „herkömmlichen“ Schloss an einem ortsfesten Gegenstand gesichert wird.

Aufpassen müssen Kunden bei alten Hausratpolicen. Auch wenn das Rad hinsichtlich der Höhe ausreichend abgesichert ist, kann eine sogenannte Nachtklausel gelten. In neueren Verträgen haben die Kunden hingegen vollen Schutz rund um die Uhr. Zudem sollte man darauf achten, dass die Hausratpolice bei grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls auch die volle Versicherungssumme leistet. Das ist wichtig, falls ein Fenster versehentlich nicht geschlossen wurde und so Diebe eindringen oder etwa eine vergessene Kerze einen Brand auslöst.

Münster und Leipzig sind Hochburgen des Fahrraddiebstahls

Bei Hausratversicherungen ist der Wohnort für die Prämie entscheidend. Für eine risikoreichere Lage zahlen die Kunden mehr. Daher ist die Prämie in Bremen beispielsweise deutlich teurer als in Landshut. Als regelrechte Diebstahlhochburgen gelten laut Polizeistatistik Münster und Leipzig.

Unser Tipp: Reparaturen am Fahrrad kann man aus eigener Tasche tragen. „Absichern sollte man ein Risiko nur dann, wenn ein möglicher Schaden dem Haushaltsbudget richtig wehtun kann“, sagt Georg Pitzl, Versicherungsberater aus Bobingen. Natürlich ist es durchaus sinnvoll, hochwertige Fahrräder mit einem stabilen Schloss an einen Laternenpfahl oder Zaun anzuschließen. Wer sein Fahrrad auch bei einem kurzen Stopp abschließt, etwa beim Besuch eines Bäckers, vermindert das Diebstahlrisiko erheblich. Statistisch gesehen gehen laut der VHV-Versicherung nämlich rund 30 Prozent aller Fahrraddiebstähle auf das Konto von Gelegenheitstätern.

Das ist zu tun, wenn das Rad geklaut ist

Im Falle von Raub, Vandalismus, Diebstahl oder Einbruchdiebstahl muss der Schaden unverzüglich der nächsten Polizeidienststelle angezeigt werden. Dafür muss der Fahrradbesitzer den Kaufbeleg des Fahrrades sowie den Anschaffungsbeleg des Schlosses nachweisen. Zur genauen Beschreibung sollte die Rahmennummer angegeben werden. Nach Einstellung des Verfahrens durch die Polizei, bevor die Versicherung leistet, muss oft noch eine Auskunft des örtlichen Fundbüros erbracht werden, dass das Fahrrad nicht wieder aufgetaucht ist. Die Chancen, ein Fahrrad zurückzubekommen, stehen übrigens schlecht. Laut Bundeskriminalamt liegt die Aufklärungsquote bei unter neun Prozent.