19.10.2017

Ford Fiesta – Knapper Platz – großer Spaß

Seit 41 Jahren baut Ford den Fiesta. Selten aber war der Sprung bei einem Modellwechsel so groß wie in diesem Sommer bei der achten Generation, vor allem bei Design, Innenraumqualität und Assistenzsystemen. Hat es Ford geschafft, gleichzeitig die traditionellen Stärken des Kleinwagens im Bereich Motor und Fahrwerk zu erhalten?

Mit Ausnahme der kompakten SUV ist derzeit wahrscheinlich keine Fahrzeugklasse so umkämpft wie die der Kleinwagen. Verschärft wird der Wettbewerb zudem durch viele neue Modellgenerationen, die auf den Markt drängen oder gerade frisch auf dem Markt sind: Allen voran der VW Polo, aber auch Nissan Micra, Skoda Fabia, Seat Ibizia, Citroen C3, Kia Rio oder Hyundai i20. Und natürlich seit Juli auch die achte Generation des Dauerbrenners Fiesta, der seit 1976 bei Ford gebaut wird.

Der neue Fiesta soll vor allem in Sachen Design, Komfort und Innenraumqualität einen großen Sprung nach vorne machen, ohne dabei die ihm schon immer nachgesagten Qualitäten bei Motor und Fahrwerk zu vernachlässigen. Wir überprüfen das am Beispiel der 1,0-Liter Ecoboost-Version. Dahinter versteckt sich ein Dreizylinder, in unserem Fall in der Ausbaustufe mit 74 kW/125 PS Leistung. Nur zur Vervollständigung: Es gibt den gleichen Motor auch mit 100 und 140 PS.

Der „Kleine“ von Ford ist erwachsen geworden

Schauen wir aber zunächst mal genauer hin. Der Fiesta ist, wie auch viele seiner Wettbewerber, in der neuen Generation viel erwachsener geworden, wirkt optisch eher wie ein Kompakt- denn wie ein Kleinwagen. Dazu passt, dass er um sieben Zentimeter auf 4,04 Meter gewachsen ist. Trotzdem gehört der Kölner nicht zu den geräumigsten Vertretern seiner Klasse. Vorne sitzt man noch kommod, aber hinten bietet etwa der VW Polo doch deutlich mehr Platz. Man mag sich allerdings damit trösten, dass in einem Kleinwagen relativ selten mehr als zwei Personen transportiert werden. Auch beim Kofferraum setzt der neue Ford keine Maßstäbe, 269 Liter beträgt das Basisvolumen und damit deutlich weniger als der große Rivale Polo (331 Liter) schafft.

Kneift der Fiesta also an manchen Stellen, hat der Innenraum selbst doch einen großen Qualitätssprung gemacht. Wertige Materialien, sauber eingepasst und verarbeitet, dazu endlich ein logisch bedienbares Cockpit und ein 6,5-Zoll-Touchscreen. Das steht als Mitteldisplay hoch genug und damit gut sichtbar in der Mitte, ist aber komischerweise etwas zu steil angebracht und damit nicht ganz optimal einsehbar.

Fahrspaß top – Verbrauch flop

Ohne Zweifel bleibt die Fahrt selbst die große Stärke des kleinen Wagens. Der zu recht schon häufig gerühmte Dreizylinder ist eine Wucht, dreht willig hoch und bleibt dabei doch akustisch zurückhaltend. Die Lenkung ist vielleicht ein wenig zu nervös. Aber Fahrwerke können sie bei Ford einfach, so dass der Fiesta wirklich Spaß macht. Zumindest in den ersten vier Gängen des sehr gut schaltbaren Getriebes. Nummer fünf und sechs scheinen doch aus Gründen des Spritkonsums recht lang übersetzt zu sein, was etwas vom Fahrspaß raubt bzw. den Fahrer häufig zum zurückschalten zwingt. Trotzdem ist der Fiesta kein Sparwunder: Die versprochenen 4,3 Liter pro 100 Kilometer blieben stets deutlich außer Reichweite, am Ende standen nach einem moderaten Mix aus Stadt-, Land- und Autobahnverkehr echte 6,2 Liter zu Buche, was für einen modernen Dreizylinder kein Ruhmesblatt ist.

Viele Assistenzsysteme, die allerdings ihren Preis kosten

Ansonsten gab es an unserem Testwagen nicht viel auszusetzen, zumal Ford mit ihm wohl zeigen wollte, was so alles geht. Alle 15 Assistenzsysteme, waren an Bord, die meisten davon kosten Aufpreis. Tja, und der Preis ist – neben der schwachen zweijährigen Garantie – wie auch bei einigen Wettbewerbern (Polo, Ibiza) sowieso die vielleicht größte Schwachstelle. Unser Auto kostet in der höchsten Ausstattungslinie Titanium und als Fünftürer schon schlanke 20.200 Euro. Trotzdem war es Ford problemlos möglich, für weitere 6.000 Euro Extras reinzupacken, so dass unter dem Strich ein Endpreis von knapp 26.200 Euro stand. Dort findet man neben Assistenzsystemen dann so Dinge wie ein manuell in der Höhe zu verstellender Beifahrersitz (75 Euro, unbedingt investieren) oder elektrische Fensterheber hinten (150 Euro), Schmutzfänger (100 Euro) und ein Parkassistent (570 Euro).

Ja, auch das ist ein Grund, warum es im Kleinwagensegment derzeit so wild zugeht. Käufer, die von einem größeren auf ein kleineres Auto umsteigen, tun dies nicht mehr unbedingt, um Geld zu sparen, sondern weil sie zum Beispiel den Platz nicht mehr benötigen. So wird der Kleinwagen, früher ein Fahrzeug, mit dem man kaum Geld verdienen konnte, plötzlich für die Hersteller zu einem ganz lukrativen Segment. Zumindest, wenn man bei Motorisierung und Ausstattung den Verlockungen der Preisliste nicht widerstehen kann.

Kurzcharakteristik

  • Warum: tolles Fahrwerk, starker Motor, feiner Innenraum, viele Assistenten verfügbar
  • Warum nicht: kein Raumwunder, 5. + 6. Gang lang übersetzt, teuer, kurze Garantie
  • Was sonst: die Auswahl ist riesig – aber der neue VW Polo dürfte Benchmark sein

Ford Fiesta 1.0 Ecoboost – Technische Daten

Fünfsitziger, drei- oder fünftüriger Kleinwagen; Länge: 4,04 Meter, Breite: 1,74 Meter (mit Außenspiegeln: 1,94 Meter), Höhe: 1,48 Meter, Radstand: 2,49 Meter, Kofferraumvolumen: 269 – 1.070 Liter (mit Ersatzrad)

1,0-Liter-Dreizylinder-Turbo-Benzinmotor, 6-Gang-Schaltgetriebe, 92 kW/125 PS, maximales Drehmoment: 170 Nm bei 1.400 – 4.500 U/min, 0–100 km/h: 9,9 s, Vmax: 195 km/h, Durchschnittsverbrauch: 4,3 Liter/100 Kilometer, CO2-Ausstoß: 98 g/km, Abgasnorm: Euro 6, Effizienzklasse: A, Testverbrauch: 6,2 Liter/100 Kilometer

Preis: ab 20.200 Euro (Fünftürer, Ausstattung: Titanium)

Preis des Testwagens: 26.195 Euro