06.03.2017

Sommerreifentest 215/60 R17

Ein SUV stellt ganz besondere Anforderungen an die Bereifung. Elf Hersteller müssen auf dem Opel Mokka zeigen, was sie können.

Reifen haben es nicht leicht: Die runden Gummis werden gewalkt, gequetscht, abgerubbelt und selten gepflegt. Dem Reifen ist mal kalt, mal wird er an der Oberfläche bis zu 60 Grad heiß. Er wird durch Wasser und über Bordsteinkanten getrieben und muss dabei enorm viel wegstecken.

SUV stellen hohe Anforderungen an die Reifen

Wird so ein Reifen dann auch noch an ein SUV montiert, hat er den härtesten Job überhaupt, denn ein SUV ist in der Regel nicht leicht. Die Traglast muss entsprechend hoch sein, im Fall des Opel Mokka immerhin 96, was einer Radlast von 710 Kilo pro Ecke entspricht. Sonst ist der Reifen nicht zugelassen.

Dazu liegt der Schwerpunkt dieser Autogattung weit oben, der Querschnitt des Reifens ist hoch, um die charakteristische, bullige Optik zu gewährleisten. Was bei Kurvenfahrt dafür sorgt, dass der Reifen sich ziemlich verformt.

ACE, GTÜ und ARBÖ testen gemeinsam

Um herauszufinden, welcher Reifen im Sommer und bei normalem Straßenbetrieb am besten geeignet ist, hat ACE LENKRAD zusammen mit der Gesellschaft für technische Überwachung (GTÜ) und dem österreichischen Partnerklub ARBÖ elf Reifen getestet, die beispielsweise für den Opel Mokka zugelassen sind.

Alle Reifen sind laut Hersteller für den Sommereinsatz vorgesehen, reine Geländereifen, die normalerweise mit dem Zusatz AT (für All Terrain = jedes Gelände) gekennzeichnet sind, wurden nicht in den Test mit aufgenommen. Weder was das Abrollgeräusch angeht, noch bei der Nasshaftung sind diese grobstolligen Vertreter für den Straßeneinsatz wirklich empfehlenswert.

SUV Reifen mit entsprechendem Namenszusatz sind robuster

Trotzdem erwartet so mancher SUV-Besitzer, dass der Reifen auch bei einem Ausflug auf die Schotterpiste oder die Wiese des Gartengrundstücks mitspielt. Auf die Schotterpiste nehmen die Reifenhersteller durchaus Rücksicht. Reifen mit dem Zusatz SUV in der Bezeichnung sind meist etwas robuster konstruiert als die optisch identischen Pkw-Ausführungen. Durch zusätzliche Lagen oder etwas stabileres Material im Unterbau wird die Durchstichfestigkeit erhöht. Spitze Steine richten so weniger Schaden an, Nägel, Schrauben und Bordsteine gilt es aber auch mit diesen Reifen trotzdem zu meiden.

Das Gewicht der SUV Reifen liegt zwischen 9,1 und 12,2 Kilo

Die Verstärkung der Reifen bleibt aber auch nicht ohne negative Auswirkungen. So schwankt das Gewicht der einzelnen Testreifen zwischen 9,1 beim Leichtgewicht von Conti und 12,2 Kilo beim Michelin Latitude Tour. Das sind in der Summe 12 Kilo mehr, die jedes Mal zusätzlich beschleunigt und abgebremst werden müssen. Das kann sich im Zusammenspiel mit dem Rollwiderstand durchaus spürbar auf den Spritverbrauch auswirken.

Der Conti bremst am besten

Der Bremsweg wird jedoch zum größten Teil von anderen Faktoren bestimmt, besonders auf nasser Straße. Hier spielen die viel zitierte Gummimischung und eine optimale Profilgestaltung die Hauptrolle. Continental hat sich seit vielen Jahren auf die Verkürzung der Bremswege konzentriert und erntet auch in der SUV-Dimension mit dem PremiumContact 5 die Lorbeeren. Selbst auf nasser Straße steht der Conti-bereifte Opel Mokka aus Tempo 80 schon nach rund 26 Metern. Dieser Reifen unterscheidet sich, abgesehen von der Größe und der Traglast, nicht von der Pkw-Version. Breite umlaufende Rillen fast ohne Profil auf den Stegen leiten das Wasser ab, relativ geschlossene Schultern bringen viel Gummi auf die Straße und helfen beim Bremsen und Kurvenfahren.

Sommerreifen sind nicht für das Gelände gemacht

So erklärt sich auch, warum viele SUV-Besitzer enttäuscht sind, wenn sie trotz Allradantrieb auf einer nassen Wiese nicht vom Fleck kommen. Hier würde nur eine äußerst rustikale Profilgestaltung helfen, die das Gras gleich büschelweise herausreißen könnte, statt nur darüber hinwegzugleiten. Dazu sind möglichst viele Querkanten oder frei stehende Profilklötze nötig, die jedoch auf sommerlicher Straße alles andere als zielführend sind.

Das Schwergewicht von Michelin geht etwas in diese Richtung, was dem laut Michelin-Homepage für SUV im Straßeneinsatz gedachten Sommerreifen sogar eine M+S-Kennzeichnung und in entsprechender Größe auch Freigaben für den Audi Q5, VW Tiguan und Touareg sowie Volvo XC60 und Range Rover einbringt.

Manche SUV bekommen ab Werk M+S Reifen aufgezogen

Die M+S-Kennzeichnung haben sonst aber nur Winterreifen. Leider ist es immer noch eine Unsitte bei manchen Herstellern, ihrem SUV schon in der Fabrik eine Bereifung mit M+S-Symbol auf den Weg mitzugeben. Sollte es sich dabei um einen echten Ganzjahresreifen handeln und wurde dies explizit so geordert, ist dagegen nicht viel zu sagen.

Zum Teil soll diese Erstausstattung aber nur den universellen Charakter eines SUV unterstreichen. Die Ernüchterung kommt spätestens mit den ersten Schneeflocken. Für eine minimal bessere Traktion auf rutschigem Untergrund werden dann die Sommereigenschaften beeinträchtigt. Genau ein solcher Fall ist der Michelin Latitude Tour.

Viele Hersteller haben drei oder mehr passende Reifen im Angebot

Entsprechend dürftig fallen die bei sommerlichen Bedingungen auf der Goodyear-Teststrecke im südfranzösischen Mireval ermittelten Messwerte aus. Der Anhalteweg auf nasser Straße beträgt aus Tempo 80 rund 31 Meter. Eine gute Autolänge mehr als mit dem Conti. Wer es noch gröber möchte, für den hat Michelin den Latitude Cross im Angebot, vermutlich wäre aber der Pkw-Reifen Primacy 3 doch die bessere Wahl.

Auf nasser Straße sind nicht alle Reifen empfehlenswert

Ebenfalls über 30 Meter benötigen der Cooper 4XS Sport, Nankang Green Sport Eco-2+ und Sunny SH 220. Etwas überraschend aber auch der Vredestein Sportrac 5 und Toyo Proxes CF2 SUV. Zumindest bei den beiden Letztgenannten ist am Profil keine Geländeausrichtung zu erkennen.

Unter 30 Meter bleiben dagegen auf nasser Straße die Testreifen von Falken, Hankook, Goodyear und Nokian. Wobei die beiden letztgenannten den Namenszusatz SUV tragen. Eine allgemeingültige Regel im Sinne von „Spezielle SUV-Reifen sind bedingt geländetauglich, Bremsen dafür aber vor allem auf nasser Piste schlechter“ lässt sich also aus den Messwerten nicht ableiten. Wohl aber die Vermutung, dass die sogenannten Premium-Reifen von Conti, Goodyear, Hankook und auch Nokian die bessere Wahl sind, als die unter Umständen günstiger zu erwerbenden Budget-Marken. Ausnahmen bestätigen natürlich wie immer auch hier die Regel.

So haben wir getestet:

  • Teststrecke: Mireval (Frankreich). Testfahrzeug: Opel Mokka.
  • Bremswegmessung bei Nässe: Verzögerung aus Fensterbremsung zwischen 80 und 1km/h, hochgerechnet auf Meter bis zum Stillstand.
  • Bremsweg bei Trockenheit: Verzögerung aus Fensterbremsung zwischen 100 und 1 km/h, hochgerechnet auf Meter bis zum Stillstand.
  • Aquaplaning längs: 7 Millimeter Wassertiefe, Wert bei mehr als 15 Prozent Schlupf.
  • Aquaplaning quer: 7 Millimeter Wassertiefe, erreichbare Geschwindigkeit bei maximaler Querbeschleunigung.
  • Kreisbahn: Durchschnittliche Rundenzeit auf einer bewässerten Kreisbahn mit einem Durchmesser von 90 Metern.
  • Nasshandlingkurs: Streckenlänge 1690 Meter, objektive Bewertung der Fahrzeit und subjektive Bewertung des Fahrverhaltens.
  • Trockenhandling: Streckenlänge 1280 Meter, objektive Bewertung der Fahrzeit und subjektive Bewertung des Fahrverhaltens.
  • Außengeräusch: Vorbeirollgeräusch bei 80 km/h in db(A) nach 2001/43/EC.
  • Rollwiderstand: Maschinenversuch bei einer Last von 5886 Newton, Luftdruck 2,1 bar.
  • Preisermittlung: Durchschnittliche Verkaufspreise, ermittelt vom Bundesverband Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk (BRV) e.V., Stand Februar 2017.
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