HONDA E IM TEST

Honda e: Der coolste unter den Stadtflitzern

Vor ein paar Wochen durfte ich den Mini Cooper SE testen und so war mein erster Gedanke, als ich den Honda e gesehen habe: „Oh, noch so einer. Ob‘s das braucht?“ Nach meinem Test bin ich mir sicher: Ja, den braucht es. Ich möchte mich zunächst ausführlich Hondas erstem Elektroauto widmen, bevor ich dann am Ende Honda e und den Cooper SE vergleiche.

Ein Hauch von 70er

Ich habe nicht wirklich einen Plan von Oldtimern und doch erinnert der Honda e mich von außen sofort an den ersten VW Golf. Wenig später werde ich Banause natürlich darauf hingewiesen, dass Hondas erster Civic ebenfalls diesen Look hatte und tatsächlich ist die Ähnlichkeit nicht von der Hand zu weisen: Die runden Scheinwerfer, der schmale, aber langgezogene Kühlergrill (der beim Honda e natürlich nur eine geschlossene Plastikverkleidung ist) und überhaupt die komplette Fahrzeugform, die Dachlinie und das Heck wirken, als wäre der Honda e der gutaussehende junge Enkel des Ur-Civic. Retro, aber auf keinen Fall altbacken.

Gerade in Weiß und bei Nacht erinnert er mich entfernt an eine Raumfähre aus Star Trek – so müssen sich die Menschen in den 70ern und 80ern die Zukunft vorgestellt haben.

Elektro-Robin

Cockpit

Dieser Eindruck setzt sich im Innenraum fort: Helles Holzimitat, goldbraune Gurte und hellgraue Textilsitze wirken etwas aus der Zeit gefallen und gerade deswegen total cool. Für den Raumschiff-Look sorgen hier insgesamt sechs Bildschirme, gerade beim Fahren fühlt man sich wirklich ein bisschen wie ein Pilot. Ein Bildschirm ist hinter dem Lenkrad verbaut, zwei in der Mitte zur Fahrzeugbedienung und drei an den Positionen der Spiegel. Mein Eindruck von den elektronischen „Spiegeln“ ist etwas zwiegespalten: Im Normalfall liefern sie tatsächlich ein gutes Bild und auch die Position geht in Ordnung, wenngleich beim linken Spiegel ein kleiner Teil vom Lenkrad verdeckt wird. Bei Regen wird das Bild der Kameras aber schnell unbrauchbar und die Bildstabilisierung entkoppelt das Spiegelbild vom realen Fahreindruck, das kann verwirrend sein.

Mein Eindruck vom Infotainmentsystem ist ebenfalls durchwachsen: Positiv ist das Bedienkonzept, die Anordnung der Displays in der Mitte und vor dem Beifahrer sowie die verbauten Gimmicks. Die Aquarium-App oder den HDMI-Anschluss braucht man zwar nicht, cool sind diese Features trotzdem.

Abzug bekommt das Infotainmentsystem nur für das Navi – eine vernünftige Routenplanung mit Ladestopps sucht man hier vergeblich und die Sprachsteuerung hat in meine Worte alles Mögliche interpretiert – nur nicht die Adresse, die ich eigentlich gesagt habe.

Kleine Spaßmaschine

So, genug gedaddelt, lasst uns fahren! Das macht im Honda e nämlich wirklich Spaß. Was direkt positiv auffällt: das einstellbare One-Pedal-Drive. Dabei allerdings schade: Es lässt sich nicht mit der Haltefunktion an der Ampel kombinieren und geht deshalb regelmäßig wieder aus – nervig.

Dafür macht die Beschleunigung umso mehr Spaß: Formal braucht er eine Sekunde länger bis zur 100-km/h-Marke als der Mini SE (acht statt sieben Sekunden) und hat 30 PS weniger (154 vs. 184), allerdings waren die Japaner schlauer als die Engländer und haben den Elektromotor da verbaut, wo er hingehört: an der Hinterachse. Der Elektroauto-typische Ampelstart macht ohne durchdrehende Räder einfach wesentlich mehr Spaß, außerdem fühlt sich die Lenkung besser an, wenn kein Motor daran reißt.

Meine Fahrweise zehrt natürlich am Akku: In der Spitze (Autobahn bei Regen mit 140 km/h) klettert der Zähler auf 29 kWh/100 km, bei konstanten 120 km/h sind es 21 kWh und schwimmt man normal im Stadtverkehr mit, sind selbst bei kaltem Wetter effiziente 17 kWh/100 km möglich. Die Realreichweite bewegt sich mit diesen Verbrauchswerten zwischen 190 km im besten und 110 km im schlechtesten Fall – wohlgemerkt bei ungünstiger Witterung. Im Sommer sollte sie bei normaler Fahrweise gut über der 200-km-Marke liegen.

Am besten lädt man ihn einfach zuhause.

Elektro-Robin

Der dümmste Ladeanschluss, den ich je gesehen habe

Die CCS-Ladedose ist leider ungünstig mitten in der Motorhaube positioniert, was das Hantieren mit dem Ladekabel teilweise etwas umständlich macht, und anfällig für Schneeansammlungen ist diese Konstruktion auch – am besten lädt man ihn im Winter deshalb an der heimischen Wallbox in der Garage auf.

Die Ladeleistung an einer Schnellladesäule sind nicht berauschend: Die angegebene Spitzenleistung von 50 kW hält er nur sehr kurz und regelt dann schnell auf 30 kW runter, bei kaltem Akku standen sogar nur 20 kW im Display. Die Werksangabe von 30 Minuten für eine 80-%-Ladung dürfte im Winter nur schwer zu erreichen sein, unter einer Dreiviertelstunde Pause wird man die Ladestation nicht verlassen. Für ein Stadtauto ist das aber nicht sonderlich tragisch – wie gesagt: Am besten lädt man ihn einfach zuhause.


Assistenzsysteme: Durchwachsen

Der Spurhalteassistent arbeitet gut, da gibt es an sich nichts zu meckern. Allerdings hat er ein großes Manko: Ignoriert man die Aufforderung, die Lenkung zu übernehmen, für längere Zeit, schaltet er sich einfach aus. Nein, ohne Notbremsung, der Lenkassistent geht einfach aus und lässt den Wagen geradeaus Richtung Leitplanke schießen.
Das automatische Einparken ist ebenfalls durchwachsen: Manchmal schafft der Computer es tatsächlich, das Auto ansatzweise in die Parklücke zu bewegen, hin und wieder steht es sogar richtig gut drin, oft wirkt es aber so, als hätte ein Fahranfänger eingeparkt.

Die 360-Grad-Kamera bringt leider kaum Mehrwert, da sie keine echte Draufsicht des Fahrzeugs anzeigt, sondern eine mit Computerspielen vergleichbare Dritte-Person-Ansicht, in der ein 3D-Modell des Autos genau den Teil des Bildes, den man eigentlich sehen will, verdeckt.

Wenn man bedenkt, dass es in Sachen Assistenten beim direkten Konkurrenten Mini electric aber noch wesentlich schlechter aussieht (außer einer Rückfahrkamera ist da nicht viel), geht die Ausstattung des Honda e hier trotzdem vollkommen in Ordnung.


Mini oder Honda?

Die beiden kleinen Stadtflitzer haben viel gemeinsam: Sie sind relativ effizient, wegen dem sehr kleinen Akku ist die Reichweite aber trotzdem zu gering für ein Hauptauto und degradiert sie zu reinen Zweitwägen. Die harten Daten sind ziemlich ähnlich, beide sind keine Lademeister, beschleunigen zügig und sind (leicht) überteuert. Für den Preis bekommt der Kunde auch einiges, beide bieten ein tolles Design und viel Fahrspaß. Der Basispreis (32.500 € vs. 33.850 €) ist beim Cooper SE ein bisschen niedriger, dafür ist der Honda aber auch klar das bessere Auto: Bessere Traktion, die Assistenzsysteme, besserer Einstieg im Fond dank vier Türen statt nerviger Sitz-Umklapperei und nicht zuletzt das modernere Bedienkonzept würden mich, stünde ich vor der Wahl, ganz klar zum Honda greifen lassen.

Den Mini sehe ich in München regelmäßig an mir vorbeistromern und bin sicher: Beim Honda e wird es bald genauso sein.