27.11.2023

Elektromobilität im Winter

Mit sinkenden Temperaturen im Winter schrumpft auch die Reichweite der E-Autos. Doch warum ist das so? Lässt sich das verhindern und auf was sollte man noch achten?

Manchmal verhalten sich Autos dann doch ganz menschlich. Denn wenn es kalt und ungemütlich ist, fangen die Maschinen aus Stahl, Kunststoff und Gummi an, rumzuzicken: Sie springen nur noch widerwillig an und bei E-Autos sinkt gar die Reichweite. Doch warum ist das so? Und was kann man dagegen machen?

Die Starterbatterie kämpft mit der Kälte

Beim Verbrenner ist es relativ einfach zu erklären: Wenn das Öl kalt ist und zäh, dann lässt sich der Motor schwer durchdrehen, und gleichzeitig kämpft die Starterbatterie mit sich selbst, nämlich dem elektrischen Innenwiderstand. Und der ist eben umso größer, je kälter es ist. So reicht die Energie in der Batterie vielleicht gar nicht mehr aus, um den Motor zu starten. Autofahrerinnen und Autofahrer können sich dann glücklich schätzen, wenn sie Mitglied im ACE sind. Denn eine Pannenhelferin oder ein Pannenhelfer kann der 12-Volt-Batterie
mit Überbrückungskabel oder Starthilfe-Booster schnell unter die Arme greifen. So kann die Fahrt nach wenigen Minuten weitergehen.

Auch bei E-Autos und Hybride kann die Starterbatterie streiken

Doch aufgepasst: Von den Problemen mit der Starterbatterie sind nicht nur Verbrenner betroffen! Auch bei Elektroautos und Plug-in-Hybriden ist die häufigste Pannenursache eine leere Starterbatterie. Wie das? Auch dort gibt es eine 12-Volt-Batterie. Sie speist die Bordelektronik, also Radio, Lüftung, Display – und vor allem das Batteriemanagement der Antriebsbatterie. Das heißt auch: Wenn diese 12-Volt-Batterie leer ist, kann der Hochvolt-Akku nicht mehr angezapft werden.

Akku voll, Starterbatterie leer

Besonders absurd: Ab und zu bleiben einige ältere E-Autos sogar im Anschluss an einen Ladevorgang an einer Ladesäule liegen. Zum Beispiel, weil die Starterbatterie nach 30 Minuten Radio, Sitzheizung und Youtube auf der Mittelkonsole leer ist. Akku voll – Starterbatterie leer! Rien ne va plus, nichts geht mehr.

Die Hersteller haben draus gelernt und laden die Starterbatterie vieler E-Auto-Modelle mittlerweile nach: entweder aus der großen Batterie oder direkt beim Ladevorgang. Damit sollte dieses Problem in absehbarer Zeit gelöst sein.

Geringe Reichweite im Winter

Bleibt noch die Frage nach der Reichweite, warum schrumpft diese im Winter? Einerseits liegt das an elektrochemischen Prozessen, andererseits an den zusätzlichen Verbrauchern, vor allem der Heizung, die den Innenraum mollig warm machen soll. Im Gegensatz zum Verbrenner gibt es kaum nutzbare Abwärme, der Innenraum muss mit Strom geheizt werden. So schrumpft die Reichweite von E-Autos bei Minusgraden um etwa 25 bis 40 Prozent.

Einen Überblick über die typischen Verbraucher im Winter und den Reichweitenverlust pro Stunde haben wir in einer Tabelle zusammengestellt.

Nochmal zurück zu den elektrochemischen Prozessen, denn da zeigt sich wieder das menschliche Verhalten der Technik. Genau wie Menschen haben auch Batterien einen Wohlfühlbereich. Der liegt, je nach Auto oder besser gesagt, je nach Batterietyp, zwischen 20
und 35 Grad. Bei diesen Temperaturen schwimmen die Ionen am schnellsten durchs Batteriebecken – wird es kälter, steigt der Widerstand, die Ionen können nicht so schnell schwimmen und es sinkt die Leistungsfähigkeit.

Heißt ganz einfach: Der Akku kann weniger Strom abgeben und das Auto kommt nicht so weit. Wie stark die Leistungsfähigkeit sinkt, hängt unter anderem von der Material-Zusammensetzung ab.

Die günstigeren Lithium-Eisen-Phosphat-Akkus (LFP), aktuell verbaut in den Einstiegsmodellen von BYD, MG und Tesla, sind etwas temperaturanfälliger als die weitverbreiteten Nickel-Mangan-Cobalt-Akkus (NMC). So werden beispielsweise aus einer Speicherkapazität von 100 kWh im Wohlfühlbereich nur noch 60 kWh nutzbare Energie nahe dem Gefrierpunkt. Statt 500 Kilometer Reichweite wären es dann nur noch 300 Kilometer.

Wohlfühltemperatur für die Batterie

Doch auch dafür gibt es eine Lösung: das sogenannte Thermomanagement der Batterie. Dabei handelt es sich um einen Heiz- und Kühlkreislauf, der dafür sorgt, dass die E-Auto-Batterie im Wohlfühlbereich bleibt. Der Strom, der dafür benötigt wird, reduziert dann zwar die Reichweite, allerdings deutlich weniger als wenn der Akku wirklich kalt wäre.

Heißt: Wenn die Batterie geheizt wird, fließt der Strom für 50 Kilometer Reichweite in die Batterieheizung. Dafür schafft das Auto dann aber 450 Kilometer statt ungewärmt nur 300.

Wichtig ist dieses Vorkonditionieren nicht nur für die Reichweite, sondern auch für das Schnellladen. Denn ein kalter Akku würde beim Schnellladen Schaden nehmen und wird deshalb abgebremst. Durch die Batterieheizung kann dagegen auch im Winter mit voller Leistung geladen werden.

Intelligente E-Autos übernehmen diese Vorkonditionierung heute automatisch, wichtig ist dafür allerdings in der Regel, dass das bordeigene Navi genutzt wird. Einige E-Autos haben sogar eine Taste für die Batterietemperierung.

Bleibt die Frage, was man selbst machen kann, um die Reichweite zu erhöhen, den Stromverbrauch zu senken und damit eben auch die Energiekosten. Dabei gibt es drei große Stellschrauben:

1. Die Geschwindigkeit reduzieren 

Tempo ist der „Reichweiten-Killer Nummer 1“, denn der Luftwiderstand
wächst im Quadrat. Tempo 150 statt 100 verdoppelt den Verbrauch. Der
„Sweetspot“, also der beste Kompromiss aus Fahr- und Ladezeit, Verbrauch sowie Durchschnittsgeschwindigkeit liegt auf Langstrecken bei den meisten E-Autos bei ca. 120–130 km/h.

2. Richtig heizen und Kurzstrecken vermeiden

Im Gegensatz zu Verbrennern bietet ein E-Auto schon ab dem Start volle Heizleistung. Wer das abruft, zahlt auf den ersten Kilometern mit
dem doppelten Strombedarf. Wer viel Kurzstrecke fährt, wird das deutlich im Geldbeutel merken. Viel effizienter als Heizung und Gebläse wirken Sitz- und Lenkradheizung, deren Verbrauch ist minimal und die Wirkung gerade auf Strecken unter zehn Kilometern ausreichend. Wer eine Langstrecke plant, sollte das Fahrzeug nach Möglichkeit noch am Stromanschluss heizen. Das schont den Akku und die Reichweite.

3. Luftdruck erhöhen

Die Fahrzeuge sind auf Aerodynamik getrimmt, unnötiger Ballast spielt beim E-Auto, unter anderem durch die Rekuperation, keine so große Rolle wie beim Verbrenner. Bleibt der Reifen. Wer sparen will, sollte beim Kauf auf kleinere Zollgrößen und rollwiderstandsoptimierte Reifen achten, zusätzlich den Reifendruck im Auge behalten. 0,2 bar mehr als vom Hersteller empfohlen sind dabei möglich und helfen den Verbrauch zu senken. Oft gelesen, aber wenig ratsam: Wer im Winter auf Licht oder klare Sicht verzichtet, spart kaum Strom, gleichzeitig steigt aber das Unfallrisiko.

Und wer Langstrecke fährt, sollte auch nicht auf die Heizung verzichten. Einmal aufgeheizt, wird kaum noch Energie benötigt, um die Wohlfühltemperatur – diesmal die des Menschen – aufrechtzuerhalten. Ideal ist es, den Akku direkt nach der Fahrt wieder
zu laden, solange die Batterie noch warm ist. So wie sich viele Menschen nach einem Ausflug einen Kaffee gönnen, um Energie zu tanken.

Wintertipps kurz und knapp

  • Vorheizen an der Ladesäule
  • Parken und Laden in der Garage
  • Nicht Luft-, sondern Lenkrad- und Sitzheizung nutzen
  • Tempo reduzieren
  • Reifen-Luftdruck erhöhen

Weitere Wintertipps, auch rund um die Verkehrssicherheit, gibt's auf den ACE-Ratgeberseiten.

ACE-Tipps für Pedelecs und E-Bikes

Viele Pedelecs und E-Bikes werden im Winter eingemottet. Wer lange Freude an großer Reichweite des Akkus haben möchte, sollte daher auf ein paar Sachen achten.

  • Akku nicht 100 Prozent voll oder unter 10 Prozent einlagern: Beides lässt ihn schneller altern, auf Dauer sinkt so die Reichweite. Der optimale Ladestand liegt bei etwa 40–60 Prozent.
  • Ideale Lagertemperatur: Ideal sind etwa 10–15 Grad – also geschützt vor Frost. Das gilt natürlich auch, wenn das Elektro-Bike nicht eingelagert wird. Auch dann sollte der Akku beispielsweise mit einer Hülle vor Minustemperaturen geschützt werden.
  • Bei Lagerung des Akkus in der Wohnung feuerfeste Umgebung wählen, zum Beispiel Beton- oder Fliesenboden.